VON TAUFE UND TOD, RECHT UND FREIHEIT
Bis weit ins Mittelalter hinein widersetzten sich die Friesen dem neuen christlichen Glauben und betrachteten Missionarisierungsversuche vor allem als Unterwerfungsmittel des sich ausdehnenden Fränkischen Reichs. Noch unter dem sagenumwobenen Friesenkönig Radbod, dessen Reich sich Anfang des 8. Jahrhunderts über ganz Friesland vom heutigen Belgien bis zur Weser erstreckte, waren die Friesen überzeugte Heiden.
Erst mit der Herrschaft der Karolinger begann die Christianisierung, die zu einem der wesentlichen Elemente der besonderen historischen Entwicklung Ostfrieslands werden sollte. Die in der Folge zahlreich entstandenen Kirchen und Klöster waren zentral für die Entwicklung der Region, denn als Zentren der bäuerlichen Gemeindeentwicklung formten sie die mittelalterliche Gesellschaftsstruktur.
Eine Besonderheit der Entwicklung in Friesland ist die „Friesische Freiheit“, eine sich im Laufe des Mittelalters entwickelnde Form des Zusammenlebens, die das Element der adligen Herrschaft nicht kannte. Trotz dieser Freiheitsideale etablierte sich jedoch ein Herrschaftssystem mit klarer sozialer Abstufung – das Häuptlingswesen. Die reichen Bauern – die Häuptlinge – bildeten schließlich aus den Landgemeinden „Herrlichkeiten“ genannte praktisch autonome Länder, über die sie, ähnlich den adligen Herrschern andere Europäischer Gegenden, herrschten. Dass die Friesen sich untereinander auf ein für alle gültiges Recht (7 Seelande, 17 Küren, 24 Landrechte) in der Landessprache verständigen konnten, gehört zu ihren großen Gemeinschaftsleistungen.