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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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KUNSTWERK DES MONATS NOVEMBER 2008

Der wiederentdeckte Jakobsstab

Der relativ schlicht aussehende Stab aus Ebenholz wurde am 20. August 1918 der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden von Zimmermeister Poppinga geschenkt.

Jakobsstab
1774
Ebenholz, Metall
74,7 x 1,8 cm
Inv.Nr.: VK 127

Verzeichnet wurde er als Elle. Erst der kundige Blick des Restaurators Hermann Prummel hat ergeben, dass der Stab viel aufwändiger mit unterschiedlichen Skalen auf allen vier Seiten versehen ist und darum eher ein Jakobsstab, also ein Messgerät für die Navigation in der Schifffahrt ist. Auch die Länge von 74,7 cm passt sehr gut zu einem Jakobsstab. Die Datierung von 1774 ist auf dem Stab zu lesen und deutet auf die Herstellung durch Gerhard Hulst van Keulen (1733 – 1801) in Amsterdam. Dessen Werkstatt, die er schon von seinem Vater und Großvater übernommen hatte, war ausgesprochen produktiv: Die meisten erhaltenen Jakobsstäbe stammen von ihm. Außerdem weisen die drei versetzt angeordneten Sternchen neben der Jahreszahl auf van Keulen.
Die Bezeichnung als Jakobsstab rührt nicht von der Verwendung als Wanderstab für Pilger nach Santiago de Compostela, der spanischen Grabesstätte des Apostels, her. Vielmehr war es die Ähnlichkeit des Gerätes mit dem Sternbild des Orion, das im Mittelalter gerne als Jakobsstab bezeichnet wurde. Damit ist der Zusammenhang des Jakobsstabes mit der Sternenkunde deutlich, weil der Stab zur Anpeilung von Sonne, Mond oder Fixsternen diente. Das eine Ende des Stabes wurde unterhalb des Auges angesetzt, und eine verschiebbare Querlatte auf dem Stab berührte auf der einen Seite den unteren Horizont, auf der anderen Seite den Stern. Auf der Skala konnte an der Position der Querlatte der Winkel abgelesen werden. Die Kenntnis über den Stand der Sonne am Mittag, also auch über deren Neigungswinkel, der von der Jahreszeit abhängt, kam im 15. Jahrhundert auf. Auf diese Weise konnte der Seefahrer feststellen, auf welchem Längen- oder Breitengrad er sich gerade befand. Also gehörte zur Schiffsausrüstung der Jacobsstab und ein Katalog der Sonnenneigung.
Die Geschichte dieses Navigationsinstruments ist sehr interessant: Die erste Beschreibung stammt von dem jüdischen Gelehrten Levi ben Gerson aus Katalonien (1288 – 1344). Zu dieser Zeit gab es neben dem Jakobsstab auch den magnetischen Kompass zur Navigation. Aber die sich immer weiter ausdehnenden Schiffsrouten zum Ende des Mittelalters machten eine sorgfältige Navigation notwendig. Der Nürnberger Astronom Johannes Müller (1436 – 1476), gen. Regiomontanus, erreichte deutliche Verbesserungen durch feinere Gradeinteilung. Ebenfalls in Nürnberg wurde 1514 durch Johann Werner die erste bildliche Darstellung eines Jakobsstabes gedruckt. Der Westfriese Reinersz. Gemma Frisius (1508 – 1555) publizierte 1533 die „Cosmographia Petri Apiani“, in der er die Landvermessung detailliert vorstellte.
Ab 1731 entwickelte der Engländer John Hadley den Oktant, der über zwei Spiegel und einen beweglichen Skalenarm verfügte. Dieses Gerät setzte sich bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts durch. Allerdings war die Navigation von der Mittagssonne abhängig. War der Himmel bedeckt, funktionierte sie nicht.
1760 entdeckte John Campbell, dass der Winkel zwischen Mond und Fixstern größer sein konnte, als 90°, so dass er einen Oktant mit der Neigung von 120° bauen ließ. Das war der Sextant. Mit diesen technischen Neuerungen war die Navigation so weit fortgeschritten, dass der Jakobsstab langsam außer Gebrauch kam. Aber als preiswertes und praktikables Navigationsinstrument diente er auch noch im 19. Jahrhundert.
Das Ostfriesische Landesmuseum Emden freut sich über die Entdeckung im eigenen Bestand, gerade weil die Jakobsstäbe so selten erhalten sind.

Dr. Hans-Peter Glimme