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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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KUNSTWERK DES MONATS SEPTEMBER 2007

Pirschrohr

Das prachtvoll gearbeitete Jagdgewehr zählt zur Gattung der sogenannten Radschlossgewehre. Diese Bezeichnung verdanken die Vorderladergewehre ihrer Zündvorrichtung, dem Radschlossmechanismus, der zu Beginn des 16. Jahrhunderts in Deutschland entwickelt wurde.

Pirschrohr
Sächsische Arbeit
1647
Gesamtlänge: 141,5 cm; Lauflänge: 119,9 cm; Kaliber: 17 mm; Gewicht: 6,89 kg
Inv.Nr.: RK 1149

Das Prinzip des Radschlossmechanismus entspricht dem eines Feuerzeuges: Durch Reibung entstehen Funken. Ein Pyrit (Schwefelkies) dient dabei als Zündstein. Der bewegliche Hahn presst den Pyrit gegen das gehärtete Stahlrad, dessen Rand durch ein Loch in der Zündpfanne ein wenig herausragt. Vor dem Schuss wird das Rad, das durch eine Kette mit einer starken Feder verbunden ist, mittels eines Schlüssels, der von außen auf die Radwelle (Vierkant) gesetzt wird, gedreht. Die Schlossfeder spannt sich, und ein Abzugszapfen greift in eine Vertiefung des Rads. Wird nun der Abzug betätigt, löst sich die Feder und das Rad dreht sich mit hoher Geschwindigkeit. Einkerbungen an der Radkante schlagen am Schwefelkies Funken, welche in die Zündpfanne fallen und so das Pulver entzünden.
Besonders gut eignete sich der Mechanismus für Jagdgewehre. Im Gegensatz zum Luntenschloss musste nämlich keine ständig glimmende Lunte mitgeführt werden, die den Jäger auf der Pirsch verraten konnte, da das Beutetier wortwörtlich „Lunte roch“.
Die hier vorgestellte Waffe zeigt die für Radschlossgewehre typischen beinernen Einlegearbeiten als Zierelemente. Die glatte Anschlagseite des Kolbens zeigt eine Sauhatz und daneben einen stehenden Hirschen. Ein Jäger mit Spieß, der in sein Horn stößt und an dessen Seite eine Bracke springt, ist auf der Gegenseite des Schlossbleches zu sehen. Der Künstler Jost Ammann (* 1539 in Zürich † 1591 in Nürnberg) prägte dieses Motiv des Jägers, welches sich auf vielen Jagdgewehren wiederfindet. Die Häufigkeit und weite Verbreitung bestimmter Motive ergibt sich daher, dass im Laufe der Zeit spezielle Musterbücher für Waffenverzierungen entstanden, die den Büchsenmachern als Vorlagen dienten. Auf dem Schubdeckel des Kolbenfaches, das Raum für Reinigungsutensilien und Ersatzteile bot, ist ein Bär, der einen Eber reißt, während von rechts ein Jäger mit Spieß naht, zu sehen. Das Schlossblech ist graviert und zeigt ein springendes Einhorn; ebenfalls ein beliebtes und verbreitetes Motiv. In die Backen des Hahns ist Knorpelwerk und ein geflügelter Drache eingraviert. Der Heilige Georg zu Pferd, einen Drachen niederreitend, ist auf dem Hahnhals in durchbrochener Arbeit abgebildet.
Eingravierte Kompositionen aus Lilien, Pfeilen und Rankenwerk sind auf dem achtkantigen Lauf zu finden. Die in den Lauf eingeschlagene Meistermarke verweist auf einen sächsischen Ursprung der Waffe, und die daneben eingravierte Jahreszahl 1647 ermöglicht die genaue zeitliche Datierung der Herstellung.
Das Pirschrohr ist ab Ende September 2007 im Rahmen der Kabinettausstellung „Jagd und Pracht in Ostfriesland“ im Ostfriesischen Landesmuseum Emden zu sehen. Knapp ein Dutzend Jagdgewehre des 17. Jahrhunderts aus dem Bestand der Emder Rüstkammer werden präsentiert und bestechen allesamt durch ihre aufwändige künstlerische Gestaltung.

Oliver Stein M. A.