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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

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KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
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Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS SEPTEMBER 2005

Sommerlust und Blütenduft

Das neugestaltete Silberkabinett präsentiert eine Auswahl der museumseigenen Sammlung von Riechdosen.

Johann Josephus Coenemann (1783 Leer – 1866 Leer)
Riechdöschen
Mitte 19. Jahrhundert
Silber
4,1 x 2,5 x 2,5 cm
Inv.Nr.: SK 252

Die silbernen „Rukeldoeskes“ vermitteln einen Eindruck von der Formenvielfalt dieser vor allem im 18. und 19. Jahrhundert auch in Ostfriesland verbreiteten Pretiosen und von der Kunstfertigkeit ostfriesischer Silberschmiede. In der Regel waren Riechdosen Geschenke an die Liebste. Beeinflusst waren die hiesigen Formen der Riechdosen vor allem aus den Niederlanden. Als typische niederländische „reukdoosje“ zeigt das Silberkabinett eine Dose in Form einer Louis XVI-Kommode. Solche Dosen in Gestalt von Miniaturmöbeln, Körben oder Truhen waren Gebrauchsgegenstände, die wohl nur in Einzelfällen bereits im 19. Jahrhundert im Sinne von Nippsachen wie sonst beispielsweise Puppensilber zu Sammlungen zusammengefügt wurden.
Eine eher ungewöhnliche und exotische Erscheinung inmitten der ostfriesischen Riechdosen ist ein Döschen, das Johann Josephus Coenemann Mitte des 19. Jahrhunderts gefertigt hat. Der Leeraner Silberschmied wählte die Form eines Pavillons oder kleinen Palastes in quadratischer Grundform mit einer runden Kuppel. Auf den Seiten sind Fenster, Türen, Schmuckgirlanden und Blumen zu sehen. Die Rückseite zeigt eine Sonnenuhr mit der Inschrift „Zomer Lust“ (Sommerlust). Die Dose ist als kunstvolle Zargenarbeit entstanden und hebt sich auch in der Arbeitstechnik von anderen Riechdosen der selben und vor allem späteren Zeit in Ostfriesland ab. Das Erscheinungsbild der Dose erinnert eher an Architekturformen aus südlichen, arabisch beeinflussten, Ländern als an hiesige Bauweisen. Oder ist die Gestaltung einzig der Fantasie des Auftraggebers oder des Silberschmieds entsprungen? War der Auftraggeber Seemann und kannte daher Bauten mit entsprechender Kuppel-Architektur?
Riechdosen waren zeitlich wie geographisch weitverbreitet. Sie sind eng mit Lebensgewohnheiten verbunden, in denen überkommene volksmedizinische Vorstellungen von Bedeutung waren. Erhalten ist eine merowingische Riechdose aus Blei-Bronze, vermutlich vom Niederrhein, die aus dem 7. Jahrhundert stammt und im Museum für Vor- und Frühgeschichte in Frankfurt zu sehen ist. Ebenfalls aus dem Mittelalter kennen wir Riechkapseln in Apfelform, aus denen sich später die Pomanden entwickelten. Riechdosen beinhalteten Schwämmchen, die mit stark duftenden Pflanzenölen getränkt waren. Dazu zählten Essenzen aus Maiglöckchen, Rosen, Minze, Majoran, Wermut, Weintraube oder Raute. Melisse, Rosmarin und Lavendel wurden gegen Herzbeschwerden eingesetzt. Salbei wiederum gilt bereits seit karolingischer Zeit als Heilmittel par Excellanze bei Unwohlsein. In der Regel wurde eine Mixtur verwendet, die nicht selten mehr als ein Dutzend Bestandteile hatte. Mit der stärkeren Verbreitung von Riechdosen wuchs auch das Angebot an fertig zubereiteten Präparaten. Coenemanns Riechdose ist also im wahrsten Sinne des Wortes eine komplette Hausapotheke.

Diethelm Kranz M. A.