KUNSTWERK DES MONATS JULI 2005 (1)
Rokoko-Schrank aus der Krummhörn
In der Zeit der preußischen Regierung unter Friedrich dem Großen (1740 – 1786) spielte Ostfriesland eine interessante Rolle:
Rokoko-Schrank aus der Krummhörn
um 1790
Holz
Inv.Nr.: M 99
Die Fehngebiete wurden ausgebaut und weiter nutzbar gemacht, der aus Holland stammende Typ der Straßenpflasterung mit Klinkern wurde von den Preußen übernommen und der Hafen Emdens diente als der beste (und einzige) Zugang Preußens zur Nordsee. Insofern war die zweite Hälfte des 18. Jahrhunderts eine wirtschaftlich blühende Zeit – auch in der Krummhörn. Zwar spielte die Landwirtschaft in dieser Region eine große Rolle, aber auch die Großbauern mit ihren ertragreichen Böden benötigten den florierenden Absatzmarkt Emdens für ihre Produkte.
Der prächtige Schrank mit seinem geschwungenen Schubladenunterbau und dem zweitürigen Aufsatz fällt durch zwei Besonderheiten auf: Das untere Fußbrett mit dem Rankendekor zwischen den Löwentatzen ist ebenso erhalten wie die Bekrönung im Scheitel des Aufsatzes. Diese Vollständigkeit der Erhaltung macht den Schrank so attraktiv! Wenn man die rechte Blüte auf dem Fußbrett betrachtet, so erkennt man die gleiche Gestaltung in der Blüte auf der Scheitelverzierung. Diese Verzierung mit der als C geformten Blattranke und den oben nach links und rechts zeigenden Fruchtständen wirkt etwas eigentümlich. Möglicherweise war die Raumhöhe der Grund für die relativ flache Bekrönung des Schrankes.
Dieser Gedanke führt schon zu der Frage der Anfertigung des Schrankes: Nach Aussage der Schenker des Schrankes an das Ostfriesische Landesmuseum Emden, Herrn Superintendent i. R. Dr. Smid und Frau, wurde der Schrank für die Familie Rigts, den Vorfahren von Frau Smid, in der Krummhörn angefertigt. Die Familie war zu dieser Zeit im Wirdumer Neuland zuhause. Sowohl Bauern wie auch Pastoren, die als damalige Auftraggeber in Frage kommen, entstammten der Familie Rigts.
Damit ist der Rokokoschrank ein hervorragendes Beispiel der Tischlerkunst in der Krummhörn und stellt seit seiner Restaurierung ein Möbel der lokalen Integration im Pelzerhaus dar.
Dr. Hans-Peter Glimme