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Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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KUNSTWERK DES MONATS JUNI 2004 (2)

Nähzeug eines Matrosen der Kaiserlichen Marine

Bei der Erhaltung des Nähzeuges handelt es sich um einen Glücksfall, da Dinge des persönlichen Bedarfs, die Aufschluss über die Lebensumstände der Soldaten im ersten Weltkrieg geben, in der Regel nicht aufbewahrt wurden bzw. die Zeit nicht überdauert haben.

Nähzeug eines Matrosen der Kaiserlichen Marine
1914 – 1918
36,5 x 22,0 cm
Inv.Nr.: N 01/1 637

Das Nähzeug eines Matrosen der kaiserlichen Marine besteht aus einem blauen Leinenoval, auf welches Knöpfe und Litzen aufgenäht wurden. Garn in allen Farben der Uniformteile wurde auf Holzschiffchen gewickelt und in dafür vorgesehene Laschen eingesteckt. Es musste zusammengerollt und verschnürt mit anderen Dingen des persönlichen Bedarfs (Kamm, Zahnbürste, Schuhputzzeug und Kleiderbürsten etc.) im Utensilienkasten aufbewahrt werden. Das Nähzeug ist bis auf die vorgeschriebene Schere komplett erhalten. Es ist am oberen Ende und an der hölzernen Nadelbüchse mit dem Familiennamen des Bootsmannes Böden bezeichnet.
Der Empfänger eines Ausrüstungsgegenstandes war verpflichtet, denselben mit roter Mennige zu kennzeichnen. Hier finden wir die Kürzel: „II. M. 2., 1114/10“. Sie stehen für „Zweite Matrosen Division, Zweite Kompanie Wilhelmshaven“. Bei der „114“ handelt es sich um die Stammrollennummer. Die Zahl darunter gibt das Eintrittsdatum in die Marine, hier „10“ für 1910, an.
Bei der Erhaltung des Nähzeuges handelt es sich um einen Glücksfall, da Dinge des persönlichen Bedarfs, die Aufschluss über die Lebensumstände der Soldaten im ersten Weltkrieg geben, in der Regel nicht aufbewahrt wurden bzw. die Zeit nicht überdauert haben. Nähzeug war allerdings für Matrosen von hoher Bedeutung, da sie verpflichtet waren, jeden Schaden an der Ausrüstung (lose Knöpfe, Verunreinigungen oder Risse) sofort zu beheben. Das Material der Dienstkleidung hatte aber seine Tücken. So sollte das Blauzeug nur im nötigsten Fall durch Ausklopfen gereinigt werden, um das Material zu schonen. Dabei musste es von zwei Kameraden gehalten werden, da es beim Aufhängen leicht einriss. Unterzeug konnte nur mit lauwarmem oder kaltem Wasser gewaschen werden, da es zum Einlaufen neigte und schnell hart, gelb und filzig wurde.
Schmutzige oder beschädigte Kleidung führte nicht nur zu Disziplinarstrafen, sondern bedeutete für die Männer auch einen materiellen Verlust, mussten sie doch die ausgegebenen Uniformen und Ausrüstungsgegenstände bezahlen. Monatlich wurden neun Mark der Löhnung zur Begleichung der Kleiderschulden einbehalten, auch nachdem die Kosten der Ausrüstung längst erstattet waren. Das Kleiderguthaben der Mannschaften wurde, vorausgesetzt die Ausrüstung war in gutem Zustand, in der Regel bei der Entlassung ausgezahlt, es konnte aber auch zur Bezahlung von Ersatzstücken einbehalten werden.
Otto Böden, der ehemalige Besitzer des Nähzeugs, war der zweite Ehemann von Trientje Böden. Der Hausstand der Eheleute mit Gegenständen aus der Zeit von 1900 bis zur Mitte des letzten Jahrhunderts gelangte 2001 fast vollständig in die Sammlung des Ostfriesischen Landesmuseums Emden. Zur Zeit wird im Pelzerhaus die Ausstellung „Danke Tante Trientje“ gezeigt, die aus diesem Konvolut erstellt wurde. Hier ist auch die Kriegsteilnehmer-Medaille von Otto Böden ausgestellt.
Der Besitzer des Nähzeugs hatte das Glück den Weltkrieg zu überleben. Dies entspricht der allgemeinen Vorstellung, der Dienst in der Marine während des Ersten Weltkriegs sei abgesehen von einigen spektakulären Seegefechten ein „Druckposten“ gewesen.
Nahezu völlig in Vergessenheit geraten sind die drei Divisionen Marineinfanterie, welche im September 1914 gebildet wurden. Diese Divisionen, das sogenannte „Marinekorps Flandern“, sollte ursprünglich die Küste und die Hafenanlagen in Belgien sichern, wurde dann aber im Stellungskrieg an der Westfront eingesetzt.

Lutz Stöppler M. A.