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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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KUNSTWERK DES MONATS MAI 2004 (2)

Otto Fürst von Bismarck-Schönhausen

„An Herrn Senator Reemstma Hochwohlgeboren Emden Ostfriesland“

Otto Fürst von Bismarck-Schönhausen (1815 Schönhausen – 1898 Friedrichsruh)
„An Herrn Senator Reemstma Hochwohlgeboren Emden Ostfriesland“
30.7.1869
Brief
21,1 x 27,1 cm
Inv.Nr.: GS Kunst 4336

„Berlin 30 July 69
Mit wiederholtem verbindlichen Danke für Ihre liebenswürdige Aufnahme, übersende ich Ew Hochwohlgeboren die von Ihrer Frau Gemalin gewünschte Karte mit meinen angelegenlichsten Empfehlungen. Bismarck“
Adressiert sind diese Zeilen an den Emder Senator Reemt Reemtsma. Absender ist Otto Fürst von Bismarck-Schönhausen, der preußische Ministerpräsident und Außenminister. Neben dem von Bismarck eigenhändig verfassten kurzen Schreiben befinden sich in dem versiegelten Umschlag auch zwei Porträtfotografien, die den damals 54jährigen Gutsbesitzer zeigen. Scheinbar handelt es sich bei diesen beiden Fotografien – jeweils handschriftlich mit „v Bismarck-Schönhausen“ signiert – um die von Frau Reemtsma „gewünschte Karte“. Das erste von dem königlichen Hoffotografen H. Thomas in Koblenz angefertigte Porträt zeigt Bismarck in ziviler Kleidung in einem Sessel sitzend. Bekleidet ist er mit einer tief ausgeschnittenen dunklen Weste über einem weißen Hemd, einem dunklen Gehrock und einer hellen Hose. Die zweite Aufnahme, die keinen Stempel eines Fotografen trägt, zeigt ein Brustporträt des späteren Reichskanzlers in Uniform – so wie er sich ab 1870 fast ausschließlich in der Öffentlichkeit präsentierte.
Was verbirgt sich hinter diesem Dankesbrief, der an „Herrn Senator Reemstma Hochwohlgeboren Emden Ostfriesland“ gerichtet war? Einen ersten Aufschluss gibt der handschriftliche Kommentar, den Senator Johann Arnold Schnedermann – wohl in seiner Funktion als Vorsitzender der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer – auf dem Brief hinterlassen hat: „Das anstehende eigenhändige Schreiben des Fürsten Bismark ist an den Senator Reemtsma gerichtet, bei dem er während seiner Anwesenheit in Emden am 18 und 19 Juni 1869 gewohnt hat.“
König Wilhelm I. von Preußen, der zwei Jahre später zum Deutschen Kaiser proklamiert werden sollte, besuchte mit seinem Gefolge am 17. Juni 1869 Heppens, um durch seinen Kriegsminister Albrecht von Roon den neu angelegten Kriegshafen auf den Namen Wilhelmshaven taufen zu lassen. Von Heppens aus reiste er zusammen mit Bismarck weiter nach Emden.
Während der König im Haus von Konsul Ysaac Brons am Alten Markt 1 übernachtete, waren seine Vertrauten zum größten Teil privat bei anderen Emder Bürgern untergebracht. Fürst von Bismarck-Schönhausen fand seine Unterkunft bei dem Emder Großhändler und Senator Reemt Reemtsma in der Straße Hinter dem alten Fleischhause 12 – die im selben Jahr in Bismarckstraße umbenannt wurde und noch heute so heißt.
Wie alle hohen Gäste einer Stadt mussten der König und seine Begleiter zahllose Besuche von Veranstaltungen und Feierlichkeiten über sich ergehen lassen. Am Abend des 19. Juni – einem Sonnabend – kehrte Bismarck gegen 23 Uhr zu seiner Herberge zurück, vor der ihn eine große Menschenmenge mit Begeisterung empfing und in weitere Gespräche verwickelte. Die in Emden erscheinende Ostfriesische Zeitung berichtete am 22. Juni 1869, dass der Ministerpräsident sich dann endlich mit den Worten „Nun lasst uns aber zu Bette gehen, denn Sie sind gewiss müde und ich bin es auch“ verabschiedete.
Wilhelm I. schenkte seinen Gastgebern Ysaac und Antje Brons später eine kostbare Porzellanvase, auf der neben seinem Konterfei eine Ansicht des Kronprinzenpalais zu Berlin abgebildet ist. Reemt Reemtsma erhielt die beiden für seine Ehefrau bestimmten Porträtfotografien von Bismarck und – wie auch Brons – die Ernennung zum königlichen Kommerzienrat.

Aiko Schmidt M. A.