NETZWERKPARTNER

Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS JANUAR 2004 (1)

„Wanderer bei einer Burgruine“

Martin Faber ist zweifellos eine der bedeutendsten Künstlerpersönlichkeiten Emdens. Hier wurde er 1586 oder 1587 als Sohn des Schmiedemeisters Hermann Martens Faber geboren, und hier starb er 1648 als angesehener Ratsherr und Inhaber zahlreicher öffentlicher Ämter.

Martin Faber (1586/87 Emden – 1648 Emden)
„Wanderer bei einer Burgruine“
1618 – 1624
Feder auf Papier
20,5 x 30,5 cm
Inv.Nr.: GS Kunst 9988

Sein Grabstein steht an der auf seinen Plänen beruhenden Neuen Kirche. Er zeichnete ferner für den Entwurf des Emder Hafentors verantwortlich, das er zusammen mit der Neugestaltung der Hafenbrücke in den 1630er Jahren als repräsentatives Entree an der Seeseite der Stadt entwarf.
Martin Faber war weiter der Schöpfer einiger Gemälde, die sich bis heute in den Sammlungen der Stadt und der Großen Kirche Emden erhalten haben. Daneben widmete sich er aber auch der graphischen Kunst. Zahlreiche große Museen verwahren Zeichnungen von ihm. Einige sind datiert oder monogrammiert, andere kann man dem Künstler aufgrund seiner unverwechselbaren Handschrift verlässlich zuweisen. Zu diesen Stücken gehört das schöne, wohlerhaltene Blatt, das die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer kürzlich für die Graphische Sammlung des Ostfriesischen Landesmuseums erwerben konnte. Schauen wir uns diese Zeichnung einmal etwas genauer an:
Wir erblicken in der rechten Bildhälfte eine mächtige Felsformation, die von Bäumen und Büschen eher spärlich bewachsen ist. Ein Pfad führt hinauf zu einer halb verfallenen Burg, die teilweise schon von der Natur überwuchert ist. Auf dem Weg zur Ruine befindet sich (unten rechts) eine Gruppe von Wanderern. Zwei Personen sind schon etwas vorausgegangen, während die anderen, miteinander im Gespräch und teilweise deutlich gestikulierend, vor einer Felswand stehen geblieben sind. Wie wir Betrachter scheinen sie gefangen zu sein von der sie umgebenden bizarr-romantischen Natur.
Nach links fällt der Burgberg steil ab und gibt den Blick in die Raumtiefe, auf ein flacheres Gelände, frei. Dieses ist um der luftperspektivischen Wirkung willen nur ganz zart mit hellbrauner Tusche geschildert, während der Künstler die näherliegenden Motive mit dunkelbrauner Feder überzeichnete und ihnen so Prägnanz verlieh. Unter den Federstrichen entdeckt man noch Spuren des Bleistifts, mit dem Faber die Komposition zunächst in großen Zügen anlegte. Typisch für ihn ist die nicht penibel detaillierte, sondern gekonnt summarisch angelegte Zeichnung mit den breiten Schraffuren, die das Gelände und den umrisshaft gegebenen Bewuchs aus kugeligen Büschen und schmalen Bäumen sparsam modellieren.
Man darf eine Entstehung der Zeichnung zwischen 1618 und 1624 annehmen, denn andere Kompositionen dieser Zeit zeigen einen ganz ähnlichen Stil und verwandte Motive. Das von Faber gern variierte Thema der Ruinenlandschaft verrät ferner, dass er sich als Zeichner an dem Antwerpener Maler Paul Bril (1554 – 1626) orientierte, den er während seines Romaufenthaltes kennen gelernt hatte. In der Fremde war dessen Werkstatt eine beliebte Anlaufstelle vor allem für die nach Italien gereisten niederländischen Künstler.
Das Blatt ist eng um die Darstellung beschnitten, was dafür spricht, dass es früher, wie üblich, in einem Klebe-Album aufbewahrt war. Spuren einer alten Montage sind auf der Rückseite zu erkennen. Dort erblickt man im übrigen unten rechts auch noch eine Sammlermarke aus den miteinander verschränkten Buchstaben LvR, der anzeigt, dass Fabers Zeichnung sich einst in der Sammlung des Freiherrn Reinhold von Liphardt befunden hat. Aus ihr wurde sie in den 1890er Jahren durch die renommierte Graphikhandlung C. G. Boerner (Leipzig, später Düsseldorf) versteigert. Schon damals galt das Blatt als eine Arbeit Martin Fabers, wie man es denn auch auf der Rückseite mit Bleistift vermerkte: „Martin Faber von Embden“.

Dr. Annette Kanzenbach