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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
Wir suchen dich! FSJ im OLME
Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS NOVEMBER 2003 (1)

Die fliegende Glocke

Eine Glocke fällt aus ihrer Kirche. Eine Zufallsaufnahme, ein Schnappschuss. Das Geschehen findet im Jahr 1917 statt, in und an der Kirche zu Pewsum.

Die fliegende Glocke
Postkarten
Inv.Nrn.: FS 581; FS 661; FS 662; FS 667; FS 670

Die Glocke wurde auf einer Rutsche in die Tiefe befördert und landete dicht an der Außenwand der Kirche, eine leichte Staubfahne hinter sich herziehend. Die Fotografie, wohl mit einer damals modernen Kamera und entsprechendem Fotomaterial aufgenommen, enthält auf der Rückseite die Information: „Entfernung einer Glocke aus dem Turme zu Pewsum. Angefertigt und geschenkt von den Herren Walter und Helmut Leetsch in Pewsum“.
Das Foto wurde Eigentum der „Kunst“.
Warum aber diese merkwürdige Art der „Entsorgung“ eines Kirchengeräts?
Nicht nur in Pewsum wurden Glocken aus Kirchen entfernt, denn der 1. Weltkrieg tobte an allen Fronten, Unmengen Menschen und Material wurden vernichtet, doch Kaiser und Heeresleitung brauchten ständigen Nachschub an Waffen und Munition. Große Mengen Kupfer waren nötig, um Geschütze und Geschosse herzustellen, und Bronze, das Glockenmaterial, enthält zum größten Teil Kupfer. Es liegen zahlreiche Fotos vor, die den Abtransport von Glocken zeigen. Aus Grimersum, Visquard, Wirdum, Jennelt gibt es Postkarten, mit patriotischen Aufdrucken wie: „Zur Erinnerung an unsere Glocken und Orgelpfeifen, die zum Kriegsdienst eingezogen wurden.“ „Das Vaterland rief unsere Glocken zum Kriegsdienst.“ Grundlage für diese Glockensammlung war die Anordnung des Militärs in Hannover vom 1. März 1917 „betreffend Beschlagnahme, Bestandserhebung und Enteignung sowie freiwillige Ablieferung von Glocken aus Bronze.“
Es gab nur wenige Ausnahmen für den Erhalt des Kirchengeläuts. Emden hatte weitgehend Glück:
Die Glocken der reformierten Kirchen mussten nicht abgeliefert werden, „da sie großen historischen Wert“ besaßen, so der Provinzialkonservator in Hannover. Auch drei Glocken im Besitz der „Kunst“ blieben erhalten.
Die Bilder aus den oben genannten Ortschaften sind gestellt, haben stark patriotischen Charakter und wenig Ausstrahlung. Der „Abwurf“ der Pewsumer Glocke wirkt anders, man meint Wut und Trauer über den Verlust spüren zu können.
Ein Bild, das mehr sagt und hinter dem sich mehr verbirgt, als nur das kurze Moment einer fotografischen Aufnahme. Ein Glückstreffer für den Fotografen, ein Dokument aus fürwahr schlechten Zeiten.

Axel von Schack