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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

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Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

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gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
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KUNSTWERK DES MONATS OKTOBER 2003 (1)

Hand- und Fußfessel

Das heutige Kunstwerk der Woche „Hand- und Fußfesseln“ war bis zum 2. Juni 2003 in der „Gerechtigkeitsecke“ der Emder Rüstkammer gemeinsam mit den Richtschwertern, einem Fangeisen, einer Schandtonne und einem Richtrad zu sehen. Diese Objekte gaben dem Besucher gemeinsam mit den Grafikreproduktionen von Richtszenen einen Einblick in die Rechtswelt einer Stadt in der frühen Neuzeit.

Hand- und Fußfessel
17. Jahrhundert
Eisen
Gewicht: 4,2 kg
ohne Inv.Nr.

Damals wie heute dienten Fesseln dazu, den Beschuldigten und Tätern ihre Bewegungsfreiheit zu nehmen. Die hier vorgestellte Fessel besteht aus drei mit Ketten verbundenen Eisenringen, die an den Füßen und einer Hand befestigt wurden. Die betreffenden Personen wurden in Fesseln zum Verhör gebracht, dem Richter vorgestellt, zur Hinrichtung geführt oder sie erlitten gefesselt die sogenannten „Ehrenstrafen“. Dabei wurde das Opfer, an Händen und Füßen gebunden in eine Schandtonne gesteckt oder am Pranger auf öffentlichen Plätzen zur Schau gestellt. Im günstigsten Fall wurde es hier vom „Mob“ getreten, geschlagen und mit Urin und Fäkalien überschüttet. Aber oft wurde es auch gesteinigt, gebrannt, geschnitten und zuweilen ernsthaft verstümmelt.
Das Rechtsempfinden und diese Strafausübung kommt uns heute sehr grausam vor. Tatsächlich waren Hinrichtung und Folter sehr brutale Schauspiele. Man wird schnell zur Erkenntnis gelangen, dass dieser Strafvollzug, aber auch schon die Methoden der Verhöre für heutiges Empfinden oft geradezu unmenschlich erscheint. Es überrascht die Häufigkeit der Todesstrafe in ihren überaus schrecklichen und qualvollen Varianten, verhängt mitunter für heutzutage geringfügig erscheinende Rechtsverletzungen.
Entgegen landläufigen Ansichten wurde nicht unbedingt gleich gefoltert. Das Verhör begann mit einem enormen psychischen Stress für das Opfer, denn ihm wurden zunächst „die Geräte gezeigt“. Dies war die erste Stufe und wurde als „territio“ bezeichnet. Angesichts der Folterwerkzeuge war es schon denkbar, dass es bereits zu einem Geständnis kam. Reichte das Zeigen der Geräte nicht aus, so wandte man die nächste Stufe an. Es wurden z.B. Bein- oder Daumenschrauben angelegt und dem Opfer ein erster physischer Schmerz zugefügt. Je nach der Art des Vorwurfs und der damit zu erwartenden Strafe kam nun ein Geständnis oder eben auch nicht. Dann schließlich wurden die Bereiche des Verhörs erreicht, an deren Ende oft die physische Vernichtung des Opfers stand. Selbst wenn diese die Folter noch „überlebt“ hatten, starben sie bald darauf an deren Folgen.
Die öffentlichen Hinrichtungen waren vor allem für die Zuschauer gedacht und stets ein Ereignis. Der gewaltsame Tod des Verbrechers sollte die Menschen abschrecken und sie dazu bringen, ein gottesfürchtiges Leben zu führen. Die Stadtbehörden, in deren Händen die Gerichtsbarkeit lag, verteilten sehr brutale Strafen. Der Friede in der Stadt durfte nicht verletzt werden. Bei Aufruhr, Mord und Diebstahl, doch auch bei Münzvergehen bekam man die Todesstrafe. Nach dem damaligen Rechtsempfinden musste die Strafe in engem Zusammenhang zur Tat stehen.
Interessant ist, dass an der Wende zum dritten Jahrtausend die Fessel als Hightech-Instrument eine Renaissance erlebt. So war im Frühjahr 1999 in Pressemitteilungen zu lesen, dass verschiedene Bundesländer die Einführung einer elektronischen Fessel planten und in Hessen der erste Einsatz erfolgte. Der Arrest in den eigenen vier Wänden sei trotz des technischen Aufwandes erheblich günstiger als ein Gefängnisaufenthalt.

Dr. Wolfgang Jahn