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KUNSTWERK DES MONATS AUGUST 2003 (2)

„Nach dem Bade“

Von Beruf war Georg Schrimpf Konditor, als Künstler Autodidakt. Er selbst nennt Raffael und Michelangelo seine Lehrmeister.

Georg Schrimpf (1889 München – 1938 Berlin)
„Nach dem Bade“
1918
Holzschnitt
21,0 x 15,8 cm
Inv.Nr.: GS Stadt 10020.

1911 beginnt er zu zeichnen und strebt von Anfang an - sei es aus Unvermögen oder aus zeitbedingtem Stilwillen - nach möglichster Vereinfachung der Formen. Bevor er sich in den 1920er Jahren zu einem bedeutenden Vertreter der Neuen Sachlichkeit in Deutschland entwickelt, durchläuft Schrimpf eine expressionistische Phase. Im Fundus der umfangreichen Graphiksammlung des Ostfriesischen Landesmuseums I Emder Rüstkammer befindet sich ein interessanter Holzschnitt des Künstlers aus dem Jahre 1918, der ab dem 23. August für einen Monat im Pelzerhaus zu sehen ist.

Exkurs: Der expressionistische Holzschnitt
Viele Künstler der ersten Expressionisten-Generation, aufgewachsen mit Impressionismus und Jungendstil als Strömungen der Zeit, beschäftigen sich zunächst mit den vom Jugendstil vorgegebenen Möglichkeiten des Holzschnitts. Eine Umsetzung der sichtbaren Welt in „dekorativ-harmonisch stilisierte Darstellungen mittels schwarzer und weißer Flächen“ (Ron Manheim) steht im Vordergrund. Angeregt durch das neu auflebende Interesse an mittelalterlicher Kunst und die Wiederentdeckung der außereuropäischen Volkskunst verabschieden sie sich jedoch nach und nach in ihren graphischen Arbeiten von Harmonie und Dekoration. Das neue Ziel ist der „Ausdruck“.
Der Holzschnitt kommt diesen Bestrebungen in vielfältiger Weise entgegen: Er zwingt zur Auseinandersetzung mit einem widerstandsfähigen Material, das derberes Werkzeug erfordert. Durch die erzwungene Einfachheit der Formen erreichen die Künstler eine umso größere Eindringlichkeit der Darstellung. Es werden tiefe Kerbungen aus dem Holzstock herausgearbeitet, die beim Druck harte Schwarz-Weiß-Kontraste hervorrufen. Mitteltönungen werden durch parallele Streifungen erzeugt. Scharfe Winkel, willkürliche Verschiebung der realen Größenverhältnisse und extremes Einzelgewicht von Linien und Flächen sind die gängigen Stilmittel. Die Schwarz-Weiß-Radikalität des Holzschnitts wird zum Sinnbild neuer künstlerischer Bestrebungen.

Die Mutter-Kind-Darstellung im Werk von Georg Schrimpf
Das Blatt „Nach dem Bade“ gehört zu den frühen Holzschnitten in denen Georg Schrimpf sich dem Expressionismus noch verhaftet zeigt: Eine weibliche Figur sitzt auf einer Bank, zu ihrer Linken ein kleiner Junge, der zu ihr aufblickt. Die Figuren verbindet nicht nur ein weißes Tuch sondern vor allem ein inniger Blickkontakt. Die Frau neigt den Kopf stark zur Seite, als müsse sie sich in den Rahmen des Bildausschnitts fügen und ragt tatsächlich bis in die obere Rahmenlinie hinein. Dieser Kunstgriff verleiht der im Verhältnis zur Bildfläche überdimensionierten Figur, ebenso wie die stark stilisierten Gesichtskonturen, einen monumentalen Zug. Durch die Schrägstellung der Bank und des Fensterausschnitts im Hintergrund wird eine minimale Räumlichkeit erzeugt.
Dem aufmerksamen Betrachter fällt dabei nicht nur die fast schematisch vereinfachte Kompositionsweise und die harte Plastizität der Bildelemente ins Auge, sondern vor allem die förmliche Sakralisierung des Sujets. Die Mutter-Kind-Darstellungen im Werk von Schrimpf sind offenkundig von traditionellen Motiven der christlichen Kunst abgeleitet. Sie entsprechen dem Bildtypus Maria mit Jesuskind mit einander zugewandten Köpfen. Diese Anlehnung an das überlieferte christliche Madonnenschema erklärt sich nur zum Teil aus den historisierenden Neigungen des Künstlers. Die bei ihm bis in die 1920er Jahre häufig wiederkehrende Mutter-Kind-Gruppe versteht sich am ehesten im Kontext der persönlichen Tragödie von 1918. Dargestellt ist seine Frau Maria Uhden und ihr gemeinsamer Sohn Markus. Nach der Hochzeit 1917 verstarb Maria Uhden 1918 kurz nach der Geburt des Sohnes. Es handelt sich also gleichsam um ein „sakralisiertes Erinnerungsbild“, das eine real zwar verlorene aber ideell unvergängliche familiäre Harmonie vergegenwärtigen soll.
Die in ein hermetisches Raumgefüge eingebundenen und ästhetisch verklärten figurativen Kompositionen von Georg Schrimpf bleiben – im Gegensatz zu den Werken zahlreicher anderer Künstler dieser Epoche – von den politischen Ereignissen der Zeit völlig unberührt. Es sind keine Reaktionen auf Kriegsfolgen, Revolution oder die Alltagswirklichkeit unterer Gesellschaftsschichten. Schrimpf verbindet auch in seinen späteren Figurenbildern eine monumentale klassische Formensprache mit „volksliedhaft schlichtem Inhalt“ (Renate Hartleb). 1932 äußert Schrimpf anlässlich einer Ausstellung In München: „Was ich in meinen Bildern will, gilt dem Leben schlechthin, so wie es trotz aller zufälligen Wirkungen und Erscheinungen abläuft. So bemühe ich mich um Klarheit und Einfachheit als den mir wesentlichen Grundzügen, in dem Glauben, eben dadurch auch dem inneren Wert der Dinge nahezukommen“.
1926 wird Schrimpf Lehrer an der Städtischen Gewerbeschule in München und 1933 außerordentlicher Professor für Kunsterziehung an der Staatlichen Hochschule für Kunsterziehung in Berlin. In der 1937 eröffneten Ausstellung für „entartete Kunst“ ist auch ein Gemälde von Schrimpf enthalten, das jedoch von Rudolf Heß entfernt wird. 1938 stirbt Georg Schrimpf in Berlin.

Beate Rhenisch M. A.