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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
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KUNSTWERK DES MONATS AUGUST 2003 (1)

„Zwei Tjalken in einem Priel“

Heiße Tage, an denen die Luft steht und die Welt in der Glut der Sonne stillzustehen scheint, haben wir alle im diesjährigen Sommer erlebt. Je nachdem, ob man mehr oder weniger unter Hitze leidet, ist die Erinnerung an diese Zeit mehr mit Wehmut oder eher mit Erleichterung verbunden.

Hans Trimborn (1891 Plittersdorf – 1979 Norden)
„Zwei Tjalken in einem Priel“
frühe 1950er Jahre
Mischtechnik auf Hartfaserplatte
56,0 x 83,5 cm
Inv.Nr.: OLM 307
Geschenk von Phillips Petroleum 1992

Alle aber haben wir die Landschaft in dieser Zeit in ganz spezifischen Stimmungen erlebt. Maler haben immer wieder versucht, die Atmosphäre solcher Tage auf die Leinwand zu bannen. Zu den Künstlern, denen dies überzeugend gelungen ist, gehört der in Ostfriesland tätig gewesene Hans Trimborn. Das Ostfriesische Landesmuseum | Emder Rüstkammer besitzt eines dieser Werke, ein Geschenk von Phillips Petroleum. Es ist im Zusammenhang mit Sonderausstellungen im September in den Pelzerhäusern 11 und 12 zu sehen.
Trimborns Komposition erscheint auf den ersten Blick sehr einfach. Man sieht zwei Tjalken in weiter Wattlandschaft. Mit zügig gesetzten, breiten Pinselstrichen ist die Farbe so dünn aufgetragen, dass vielerorts der Malträger durchscheint, als handele es sich um eine rasch hingeworfene Skizze. Sicherlich prägt dies wesentlich den Reiz des Gemäldes als eines spontan eingefangenen Natureindrucks. Dennoch aber zeigt es eine aus künstlerischem Instinkt heraus getroffene sichere und überzeugende Gestaltung:
Im Zentrum des Bildes sind die beiden Boote - wie eine feste Architektur - leicht gegeneinander verstellt angeordnet. Sie ragen, nach vorn Schatten werfend, deutlich über die flach geführte Horizontlinie hinaus und unterstreichen darin die Weite des sie umgebenden Wattes. Völlig unbewegt liegen sie in einem sehr niedriges Wasser führenden Priel, den Pricken aus dünnen Birkenstämmen markieren. Dieser wird gefasst durch eine aus gebrochenen Grün- und Gelbtönen gestaltete Zone, die ein immer flacher werdendes Wasser zu erkennen gibt bis schließlich vorn und zu den Seiten changierendes Violett-Braun den zu Tage tretenden Schlickboden anzeigt, dessen minimales Relief einige dunkle Pinselstriche markieren. Seine bogenförmige, unregelmäßige Begrenzung lenkt den Blick wiederum in die Bildtiefe, wo auf der sich ausbreitenden Wasserfläche zunehmend helle Farbtöne gleißendes Licht suggerieren und dabei noch den Eindruck von Unendlichkeit hervorrufen. Das wird noch befördert durch die rechts am Horizont dagegen gesetzten, sanft angedeuteten Geländeerhöhungen, die hier an eine ein wenig erhöht liegende Siedlung in der Ferne denken lassen.
Der Tiefenwirkung tritt noch einmal Spannung vermittelnd die flächige Gestaltung der breiten Himmelszone gegenüber. Vor einer dumpfen Farbigkeit dringt von links eine helle Fläche ein, die in ihrer nach rechts gerichteten Form und ihrer unterschiedlichen Farbdichte eine erste Dynamik in die Stille einführt. Realismus suchend lässt sie an eine bei schwülem Wetter heraufziehende Wolkendecke denken, die in der scheinbar unerträglichen Stille Veränderung erahnen lässt. Noch aber zeigen die beiden Tjalken mit den schlaff herabhängenden Segeln völlige Windstille in Bodennähe an.
Die gebrochenen Grün-, Gelb- und Brauntöne des Bildes entsprechen grundsätzlich der natürlichen Farbigkeit des Wattes. Gleichzeitig erhalten sie durch den überall mehr oder weniger durchscheinenden, rotbraunen Untergrund eine farbliche Verbindung, welche die Stimmung eines glühend heißen Sommertages befördert. Das dabei erlebbare flimmernde Licht vermitteln die verwaschenen Begrenzungen und die zarte tonale Binnenstruktur der fast zu Farbflächen vereinfachten Wattlandschaft.
Immer zeigen Hans Trimborns Arbeiten einen sehr persönlichen, tief empfundenen Zugang zu den Eindrücken der Welt. Dabei war er in seinen Lebensentscheidungen wie in seinem künstlerischen Schaffen eine sehr lebendige, ja rastlose und immer suchende Persönlichkeit. Er hatte Medizin studiert und war als begabter Musiker und Maler durch keinen kunstakademischen Doktrin gebunden worden. Selbstständig trat er in die Auseinandersetzung mit modernen Kunstrichtungen ein und rezipierte, was ihn interessierte, ohne einen eigenen Stil aufzugeben. Die Möglichkeit seinen Lebensunterhalt als freischaffender Musiker und Maler zu bestreiten, zog ihn 1919 nach Norderney, wo während der Sommermonate ein lebendiger Badebetrieb herrschte. Dort blieb er bis 1939, lebte dann auf der Lütetsburg, in Arle und schließlich in Norden, wo er 1979 starb. 1963 erhielt er in Anerkennung seiner künstlerischen Leistung von der Ostfriesischen Landschaft das Indigenat.

Dr. Annette Kanzenbach