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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS MAI 2003 (1)

„Motiv aus Emden“

Zu den Malern, die schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts nach Ostfriesland kamen, um hier zu arbeiten, gehörte der 1860 in Obergurig (bei Bautzen in Sachsen) geborene und 1918 in Dresden gestorbene Adolf Fischer-Gurig.

Adolf Fischer-Gurig (1860 Bautzen –1918 Dresden)
„Motiv aus Emden“
um 1910
Öl auf Leinwand
69,5 x 61,3 cm
Inv.Nr.: OLM 544

Holland kannte er bereits, als er 1902 erstmals Ostfriesland aufsuchte. In den folgenden Jahren malte er hier immer wieder und präsentierte die Gemälde erfolgreich auf großen Kunstausstellungen, so 1907 auf der Biennale in Venedig, wo die Galleria d’Arte Moderna in Rom seine großformatige „Schiffswerft in Emden“ erwarb, die seit 1987 zur Freude vieler Besucher im Ostfriesischen Landesmuseum zu sehen ist.
Seit kurzem darf sich das Museum über ein weiteres Bild dieses Malers freuen. Es wurde ihm als Geschenk des KUNST-Ladens und der Teestube, die im Museum von Mitgliedern der Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer ehrenamtlich betrieben wird, übergeben. Das Gemälde zeigt abermals ein „Motiv aus Emden“, wie der Künstler knapp auf der Rückseite des Bildes vermerkte. Dargestellt ist die 1889 am Kattewall errichtete Mühle „De goede Verwagting“ (Die gute Erwartung), die nach ihrem Betreiber auch die Pannenborgsche Mühle genannt wurde. Durch einen Luftangriff 1943 schwer beschädigt, wurde sie 1955 vollständig abgetragen.
Der Künstler hat die damalige topographische Situation keineswegs exakt wiedergegeben, sondern gestalterischen Gesichtspunkten untergeordnet. Er bringt ein spannungsvoll ausgewogenes Ensemble unterschiedlicher Gebäudetypen mit einem sich dazwischen abspielenden Alltagsleben vor Augen. Zusammen mit der fein abgestimmten Farbigkeit spricht es den Betrachter ganz unmittelbar an.
Man schaut aus leichter Untersicht auf einen etwas aus der Bildmitte gerückten Galerieholländer, der entschieden über den tief gelegten Horizont emporragt. Die Flügel, die sich in Pausenstellung befinden, werden oben Bildrand beschnitten, was den Eindruck großer Höhe noch befördert. In der rechten Bildhälfte läuft nahezu zentralperspektivisch eine gepflasterte Straße, von einfachen, niedrigen Häusern gesäumt, auf die Mühle zu. In der linken Bildhälfte schaut man auf eine breite Baulücke und dahinter auf einige deutlich höhere Häuser, die hier eine Tiefenflucht unterbinden. Die Seitenwand des an den freien Platz grenzenden, traufenständigen Hauses ist durch Spuren alter Verbauung sehr lebendig gestaltet. Davor erblickt man einige Kinder, die die Baulücke als Spielplatz nutzen. Über einen Baumstamm haben sie ein Brett gelegt, das zwei Jungen als Wippe dient. Ein größeres Mädchen schaut ihnen zu, während sich ein kleineres an sie schmiegt.
Durch große farbliche Geschlossenheit bringt der Maler die motivisch unterschiedlichen Bildhälften zu einer Einheit zusammen. Diese Verbindung unterstützt auch die Frau, die ziemlich genau in der Bildmitte, den Straßenrand entlang, auf die Mühle zuschreitet und so das Moment menschlichen Lebens zur rechten Bildhälfte hinüberzieht. Sie trägt einen Korb, in dem der Künstler mit Grün und Gelb einen den Blick des Betrachters immer wieder anziehenden, leuchtenden Farbakzent gesetzt hat.
Über dem Ganzen liegt die ruhige Stimmung eines leicht verhangenen Tages, die überzeugend durch eine reiche Palette von hellem Grau und gebrochenen Rot- und Brauntönen getragen wird. So vermittelt sich trotz der teilweise engen Bebauung der Eindruck von Weite. In einer dem Impressionismus verpflichteten Malweise setzte der Künstler seine Farben mit breitem Pinsel auf, was der Darstellung trotz aller von ihr ausgehenden Stille den Eindruck von Lebendigkeit verleiht.

Dr. Annette Kanzenbach