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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

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KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
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Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS DEZEMBER 2002

Rokoko-Engel

Die beiden Holzfiguren des 18. Jahrhunderts wirken auf den ersten Blick untypisch für das protestantisch geprägte Ostfriesland.

Vielleicht liegt es daran, dass der Gedanke an barocke Engel mehr an katholische als an evangelische Gebiete erinnert. Die aus Fichtenholz geschnitzten Engel wurden auch wahrscheinlich in Süddeutschland oder Österreich geschaffen. Die protestantischen Ostfriesen hatten aber eine ähnliche Zuneigung zu den Engelswesen wie die Süddeutschen. Im norddeutschen Barock liebte man Engel als Begleiter für die Deckel über den Taufsteinen, als Postamente für andere Figuren oder als Zierwerk im Herrschaftsgestühl der Kirchen. Insofern sind Engel doch nicht untypisch für unsere Region, und das Ostfriesische Landesmuseum Emder Rüstkammer kann für die Schenkung Frau Beckers aus dem Nachlass ihres Mannes Bruno Becker sehr dankbar sein.
Bei beiden Engelsfiguren ist die Bemalung gut erhalten: Die dunklere Figur trägt einen schwarzen Rock mit goldenem Besatz, goldene Haare und hellrosa Gesichtsfarbe mit roten Wangen. Die Rückseite des Engels ist nicht gefasst. Beim Gewand mit dem ausgearbeiteten Saum und dem goldenen Armreif ist eine antikisierende Tendenz festzustellen, die dem Barock nicht fremd war. Die Farbfassung des anderen Engels ist mit der Gesichtsfarbe, dem goldenen Haar, weißem Rock mit goldfarbenem Besatz und einem rosa Hemd erhalten. Der nach oben blickende Engel ist in einer sehr bewegten Stellung festgehalten und scheint auf etwas hin zu deuten. Der Schwung und die Fassung der beiden Figuren haben eine großartige Lebendigkeit, die in ihrer ursprünglichen Aufstellung sicher größer war. Sie betonen etwas oder halten einen heute verlorenen Gegenstand, der durch die Anwesendheit des Engels eine religiöse Bedeutung bekommt. Die Sockel verweisen auf eine Aufstellung an einer Ecke vor der Wand.
Barocke Engel sind für den Betrachter ein Sinnbild verspielter Kirchlichkeit. Dabei sind es nicht mehr die mächtigen Erzengel wie Michael, der Adam und Eva aus dem Paradies vertreibt, oder Gabriel, der Maria die Geburt Christi ankündigt, sondern kleinere Diener der göttlichen Welt. Sie spiegeln den Glanz des Himmels mit ihren kostbar goldenen Gewändern, dem „Engelshaar“ und prächtig rauschenden Flügeln als Zeichen der Verbindung von Erde und Himmel.
Der italienische Bildhauer Donatello (um 1383 – 1466) war wohl der erste, der Kinderengel mit andächtigen Gesten gezeigt, ebenso aber Schalk und Ironie in die Figuren gelegt hat. Die Engel können bei ihm nackt auftreten und dabei eine Körperlichkeit bieten, die uns sonst in Kirchenräumen nicht begegnet. Die erotische Verspieltheit der Engelchen macht sie dem Menschen so sympathisch.
Die hier vorgestellten Engel stammen nicht aus der Renaissance Italiens, sondern sie wurden im Rokoko Süddeutschlands gearbeitet. Mit rauschenden Gewändern und staunendem Eifer dienen diese androgynen Wesen dem Wunder der göttlichen Gegenwart.

Dr. Hans-Peter Glimme