NETZWERKPARTNER

Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
Wir suchen dich! FSJ im OLME
Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS SEPTEMBER 2001 (1)

Ein Nussknacker aus Meißner Porzellan?

„De de kerne will eten,
de mot de not upbreken“

Nussknacker
19. Jahrhundert
Fayence
15,0 x 11,8 cm
Inv.Nr.: NK 333

Im Deutschen Wörterbuch der Brüder Grimm von 1889 ist der nuszknacker erwähnt als ein werkzeug zum aufknacken der nüsse, oft in gestalt eines unförmlichen männleins, in dessen munde nüsse durch hebel oder schraube aufgeknackt werden. Heute kennen wir das Gerät in vielgestaltiger Form aus Holz und Metall. Ungewöhnlich kommt indessen der Nussknacker aus Porzellan daher. Sein besonderer Reiz besteht in dem Nebeneinander der verschiedenen Materialien Eisen und Porzellanware, vor allem aber in dem scheinbaren Paradox, etwas Hartnäckiges mit Hilfe von etwas Zerbrechlichem aufzubrechen.
Im vergangenen Jahr wurde dieser außergewöhnliche Nussknacker dem Ostfriesischen Landesmuseum von Herrn Walter Phillipson aus Hannover geschenkt. Er stammt aus dem Besitz seines Vaters, der bis 1923 Antiquitätenhändler in Emden und ein Liebhaber Delfter Fayence war. Noch bis 1939 wohnte Louis Phillipson in der Kleinen Brückstraße 36, war aber inzwischen auf den Verkauf von Weißwaren umgestiegen.
Der Nussknacker besteht aus einer rechteckigen Grundplatte mit tellerförmigem „Amboss“, über dem sich ein Bogen spannt. Auf seinem Scheitelpunkt besitzt der Bogen ein eingearbeitetes Schraubgewinde. Durch dieses ist der eiserne Schraubstock geführt, der sich mit Hilfe eines Knebels drehen lässt. Mittels der Schraubmechanik wird die Nuss zwischen Amboss und Schraubstock zerdrückt. An den Enden des Knebels sitzen Porzellankugeln. Das weiße Porzellan hat eine Unterglasurbemalung aus blauem Kobalt. Es ist das Meißner Asterndekor, besser bekannt unter der (falschen) Bezeichnung „Zwiebelmuster“, das sich im 18. Jahrhundert für Gebrauchsgeschirr durchsetzte. Die Blaumaler der Meißner Manufaktur haben die von ihnen gemalten Stücke meist mit der Schwertermarke und ihrer Initiale versehen. Ab 1731 war eine Markierung der Porzellane Meißens vorgeschrieben. Da dem Nussknacker eine solche Kennzeichnung fehlt, mag es sich um das Produkt einer deutschen Porzellanwerkstatt handeln, die das Meißner Muster kopiert hat. Anhand der Ausführung lässt sich das Stück ins späte 19. Jahrhundert datieren.
Das Porzellan verdankt seinen Namen der Ähnlichkeit mit einer Seemuschel, italienisch „porcella“ genannt. Hauptbestandteile sind Kaolinerde und Feldspat. Beide gemischt und im Feuer gebrannt ergeben einen weißen, völlig dichten und sehr harten Scherben. Nach dem ersten Brand wird die Glasur aufgetragen, die sich im zweiten, dem „Garbrand“ unlösbar mit dem Scherben verbindet. Nur wenige Farben halten der Brandhitze stand. 1720 entwickelte die Manufaktur Meißen das Kobaltblau, das vor dem Garbrand aufgetragen werden konnte und sich beim Brennvorgang bewährte. Das Asternmuster ist das bekannteste Beispiel dieser kobaltblauen Unterglasurmalerei.
Walter Philipson erinnert sich, dass der Nussknacker im Wohnzimmer des elterlichen Hauses stets hinter Glas aufbewahrt stand. „Als in der Nacht vom 9. auf den 10. November 1938 Nazi-Horden so gut wie alles Inventar verwüsteten und zerstörten,“ so schreibt er in einem Brief, „da fand meine Mutter am nächsten Tage unter dem umgestürzten Wohnzimmerschrank in all’ den Scherben aus Glas und Porzellan unversehrt den Nussknacker.“

Martina Glimme M.A.