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KUNSTWERK DES MONATS JUNI 2001 (1)

„Fischer-Maskerade“

Die Darstellung ist mit Ölfarbe auf Eichenholz gemalt. Der Maler beschränkte sich für die Modellierung seiner Figuren auf die Abtönungen einer Farbe. Man spricht in solchen Fällen von Grisailletechnik. Die Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer hat die „Fischer-Maskerade” 1874 auf der Auktion des Nachlasses von Oberamtsrichter Kettler erworben.

Adriaen Pietersz. van de Venne (1589 Delft – 1662 Den Haag)
„Fischer-Maskerade“
1632
Öl auf Eichenholz
33,0 x 27,0 cm
Inv.Nr.: OLM 171

Das kleine Gemälde zeigt eine groteske Parade: Voran stolziert ein Hund, der aufrecht auf seinen Hinterpfoten geht, als sei er ein Mensch. Ihm folgt ein Mann, der sich mit Utensilien der Fischerei gerüstet hat, als wolle er in den Kampf ziehen. Um den Leib trägt er gleich einem Harnisch ein Fass, dessen Deckel ihm als Hut dient und angebunden werden musste, um ihm nicht vom Kopf zu fallen. An die Füße hat er sich flache Körbe geschnallt, als müsste er fürchten, in weichen Boden einzusinken. Ganz sicher ermöglichen sie nur ein beschwerliches Fortkommen. Dazu trägt der ‚Kämpfer‘ in der oben aus dem Fass herausragenden rechten Hand als Waffe einen Dreispitz, Attribut Neptuns, des antiken Gottes der Meere. Den linken Arm hat er durch ein Loch im Faß gesteckt und einen Spazierstock ergriffen. Weiter rechts erblickt man eine Frau, die sich die Kleider hoch gebunden hat, als habe sie vor, sich in schwierigem Gelände zu bewegen. Über ihren Kopf hat sie einen Weidenkorb gestülpt, aus dem durch ein Loch ihr Gesicht herausschaut.
Dieser reicht ihr fast bis zur Taille und erhöht sicher nicht ihre Beweglichkeit. Schließlich ist links, etwas weiter in den Hintergrund gerückt, noch eine dritte Person zu sehen. Sie hat sich eine Milchkanne als Helm auf den Kopf gesetzt.
Der Maler führt uns Personen vor Augen, die in ihrem Aufzug ausgesprochen lächerlich wirken. Die zentrale Figur hat sich wie ein Ritter für den Kampf gerüstet und schreitet zielstrebig voran. Seine Erscheinung lässt erkennen, dass sein Bemühen sicher nicht erfolgreich sein wird, auch wenn er es – wie sein Gesichtsausdruck erkennen lässt – bitterernst verfolgen wird. Die komisch-
satirische Darstellung zielt in ihrer Kritik auf die Torheit der Menschen, auf deren Selbstüberschätzung. Durch das in der Überspitzung so deutlich vor Augen geführte Fehlverhalten sollte zum Nachdenken über das eigene Tun angeregt werden. Es möge besser von Klugheit und Bedachtsamkeit als von blindem Eifer geprägt sein!
Moralisierende Darstellungen waren ein fester Bestandteil der holländischen Kunst des 17. Jahrhunderts. Ihre Tradition haben diese Sittenbilder in den Tugend- und Lasterdarstellungen des Mittelalters. Einen breiten Raum nehmen sie in der Grafik ein, die oftmals eindeutig belehrend beschriftet ist. Man kennt sie aber auch aus der zeitgenössischen Literatur, aus dem Laienspiel oder aus Predigten. Sind letztere vor allem belehrend, sollten die Werke der bildenden Kunst aber darüber hinaus auch ästhetischen Genuss bieten und als Schmuck in den Häusern wirken. Sie folgen ganz dem Horazischen Gebot „zu belehren und zu vergnügen”. Vor allem in den burlesken Komödien des Theaters hat sich dies bis heute gehalten.
Auf dem Gemälde ist unten rechts die Bezeichnung des Künstlers zu erkennen, die heute nicht mehr in allen Teilen sicher zu entziffern ist. 1877 konnte E. Starcke noch „1632./ Adr: v Venne” lesen. Grisaillen wie das kleine Emder Bild waren eine Spezialität Adriaen van de Vennes. Gemalt – man möchte fast sagen: gezeichnet – hat er sie mit einem rasch und locker, aber präzise geführten Pinsel. Häufig konzentrierte er sich dabei ganz auf die Figuren, die vor tiefem Horizont hoch aufragen. Das korrespondiert sehr gut mit der spielerisch wirkenden, aber zugleich scharfen Kritik vieler seiner Bilder. In vielen Fällen hat der Maler seine Gemälde auch noch mit einem Sprichwort oder einem Titel versehen, um die Zielrichtung seiner Kritik zu verdeutlichen.
Adriaen van de Venne wurde 1589 in Delft geboren, doch zog die Familie bald nach Middelburg. Um 1625 ließ er sich in Den Haag nieder, wo er 1662 als ein angesehener Mann starb. Man kennt von ihm aus seiner frühen Zeit vor allem Landschaftsdarstellungen, die reich mit kleinen Figuren angefüllt sind. Außerdem war er ein vom Oranischen Hof auch für Porträts sehr geschätzter Künstler. In seinem späteren Werk dominieren die kleinen Grisaillen mit satirischem Inhalt, wofür das Emder Gemälde ein sehr schönes Beispiel ist. Außerdem hat Adriaen van de Venne für zahlreiche Emblembücher die Vorlagen für die darin enthaltenen Illustrationen gezeichnet. Embleme bestehen aus einem Bild, einer anspielungsreichen Überschrift und einer ausführlichen moralischen Belehrung in Versform. Der Maler hat im übrigen auch selbst moralisierende Dichtungen verfasst. Seine Grisaillen hat man sicher zu Recht im Stil wie in der Themenwelt mit seiner Tätigkeit als Illustrator und Verfasser solcher moralisierenden Texte in Verbindung gebracht. Sie sind aber durchaus als selbständige Werke zu anzusehen, die künstlerisch ansprechend und für sich verständlich sein wollten. Für uns ist ihre Botschaft nicht immer so selbstverständlich wie für van de Vennes Zeitgenossen.

Dr. Annette Kanzenbach