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Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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KUNSTWERK DES MONATS APRIL 2001

„Himmelskönigin“

Bei dem Stahlstich von Joseph von Keller mit dem Motiv der „Himmelskönigin“ handelt es sich um einen Reproduktionsstich nach einer Gemäldevorlage.

Künstler: Ernst Keller (1809 Bockenem – 1885 Düsseldorf)
Stecher: Joseph von Keller (1811 Linz – 1873 Düsseldorf)
„Himmelskönigin“
1839
Stahlstich
43,0 x 25,2 cm
Inv.Nr.: GS Kunst 533

Das halbrund abschließende Gemälde mit der auf einer Wolke stehenden Madonna, die das Christuskind auf ihren Händen hält, wurde 1837 von dem Düsseldorfer Maler Ernst Ludwig Deger (1809 – 1885) geschaffen. Das Altarbild befindet sich noch heute in der St. Andreaskirche in Düsseldorf. Die religiöse Thematik und die strenge Gestaltung der Figur mit einer wenig bewegten Umrisslinie sind typisch für die spätnazarenische Kunstauffassung, wie sie zu dieser Zeit an der Düsseldorfer Kunstakademie vertreten wurde. Der von Deger gewählte Darstellungstypus der „Himmelskönigin“ geht vermutlich auf eine Bildfindung Friedrich Wilhelm von Schadows (1788 – 1862) zurück, der bereits 1820 ein Gemälde mit diesem Thema auf der Berliner Kunstausstellung gezeigt hatte (Boetticher Bd. II.2, S. 526, Nr. 13). Ein weiteres Bild mit diesem Motiv gab Schadow 1833 als Geschenk in die Kirche der Barmherzigen Schwestern in Koblenz. Der Historienmaler Ernst Deger war seit 1829 der Schüler von Wilhelm Schadow an der Düsseldorfer Kunstakademie. Zu der künstlerischen Ausbildung an der Akademie gehörte es auch, Kopien anderer Gemälde anzufertigen. Als Vorlage dienten nicht nur die Werke der Künstler vergangener Jahrhunderte, sondern auch die Arbeiten der Akademielehrer. So fertigte Deger eine Kopie nach dem Gemälde von Wilhelm Schadow an, das dieser für Koblenz geschaffen hatte (Boetticher Bd. II.2, S. 526, Nr. 14). Nachdem Deger das Altarbild mit der „Himmelskönigin“ für die St. Andreaskirche in Düsseldorf vollendet hatte, schenkte er seinem Lehrer wiederum eine eigenhändige Wiederholung dieses Bildes in einem kleineren Format (Boetticher Bd. I.1, S. 224, Nr. 14). Degers Altarbild wurde in der Folgezeit nicht nur von Joseph von Keller, sondern außerdem von Franz Keller, Constantin Müller und Andreas Glaser gestochen. An der häufigen Wiederholung des Gemälde-Motives der „Himmelskönigin“ und den zahlreichen Reproduktionsstichen wird die außerordentliche Bedeutung ersichtlich, die dieses Motiv für die Künstler der Düsseldorfer Schule offenbar hatte. Der Kupferstecher Joseph von Keller, der den hier gezeigten Stahlstich geschaffen hat, gehört zu den bedeutendsten Reproduktionsstechern seiner Zeit. Er war es, der die damals gebräuchliche Technik des Linienstiches vervollkommnete. Im Gegensatz zu der sonst üblichen Manier des Umrissstiches, der sich bei der Wiedergabe einer Gemäldevorlage allein auf die Konturen der Darstellungen beschränkte, schenkte Keller seinen Werken durch zarte Binnenlinien und eine vielfältige Abstufung von Grautönen malerische Qualität. Während die Umrissstiche nur eine schwache Erinnerung an das Original vermitteln konnten, waren Kellers Graphiken in der Lage, das Original adäquat zu vertreten. Sie boten in den Zeiten, als an eine fotografische Reproduktion noch nicht zu denken war, einen qualitativ ansprechenden Ersatz für das Original. Damit gewannen diese Blätter auch eine große Bedeutung für die Kunstvereine. Diese Organisationen hatten es sich zu Beginn des 19. Jahrhunderts in ihre Statuten geschrieben, dass sie sich für die „Förderung der bildenden Kunst“ und die „Verbreitung des Kunstgeschmacks“ einsetzen wollten. Dieses Ziel sollte durch verschiedene Aktivitäten erreicht werden. Dazu zählten die Ausrichtung von Ausstellungen, die Gründung von Kunstsammlungen und die Veranstaltung von Gemäldeverlosungen. Diese Verlosungen sollten dazu dienen, den Kunstbesitz auch für das bürgerliche Publikum erschwinglich zu machen. Da es den meisten Kunstvereinen dennoch nicht möglich war, einem großen Teil ihrer Mitglieder den Gewinn eines Gemäldes zu garantieren, waren die Reproduktionen nach Originalen ein willkommener Ersatz. Diese wurden bei den Verlosungen zur Aufstockung der Anzahl der Gewinne ebenfalls verlost, was ihnen die Bezeichnung Nietenblätter eintrug. Andere Vereine gaben die graphischen Blätter als Prämienblätter oder Jahresgaben jährlich an ihre Mitglieder aus. Um solch ein Prämienblatt handelt es sich auch bei Kellers „Himmelskönigin“. Der Prägestempel „KV“ kennzeichnet es als ein Vereinsblatt des Düsseldorfer Kunstvereins für die Rheinlande und Westfalen, der dieses Blatt seinen Mitgliedern für das Geschäftsjahr 1839/40 ausgegeben hat. Allerdings ist das Exemplar aus dem Bestand des Ostfriesischen Landesmuseums nicht direkt ein Prämienblatt des Düsseldorfer Vereins. Auf der Vorderseite ist noch ein weiterer Stempel zu erkennen. Der ovale Stempel trägt die Aufschrift „Für das Königreich Hannover“ mit den verschlungenen Initialen „KV“ im Zentrum. Hieran lässt sich ein weiteres Merkmal feststellen. Nachdem ein Blatt an die Mitglieder ausgegeben war, wurden in manchen Fällen die restlichen Abzüge an Graphikhändler verkauft. Kunstvereine, die sich die Produktion eines eigenen Blattes nicht leisten konnten, kauften ihre Vereinsblätter dann direkt im Handel. So kommt es vor, dass beliebte Motive im Verlauf des 19. Jahrhunderts von mehreren Kunstvereinen als Jahresgaben ausgegeben wurden. So ist es auch in diesem Fall. Der Stempel identifiziert den Stich Kellers als Jahresgabe des Kunst-Vereins für das Königreich Hannover, der es für das Geschäftsjahr 1846/47 an seine Mitglieder ausgegeben hat. Wie ist dieses Blatt nun in die Emder Sammlung gelangt? Auf der Rückseite des Stahlstiches bezeugt ein Stempel der „Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer zu Emden“ die Herkunft aus den Beständen der Gesellschaft. Für die Emder „Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer“ liegt zumindest für das Geschäftsjahr 1852/53 eine Aktie des Hannoverschen Kunstvereins vor, die eine Mitgliedschaft in diesem Verein bestätigt. Da sich in der Graphischen Sammlung des Landesmuseums noch mehrere Vereinsblätter des Hannoverschen Kunstvereins befinden, ist eine längere Mitgliedschaft der Emder „Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer“ auf jeden Fall anzunehmen.

Dr. Birgit Biedermann M. A.