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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

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KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS FEBRUAR 2001 (2)

Donnerbüchse / Tromblon

Neben den herausragenden Blankwaffenbeständen aus dem 17. Jahrhundert besitzt die Emder Rüstkammer auch interessante Feuerwaffenwaffen, die bislang noch nicht in einem gesonderten Katalog vorgestellt wurden.

Donnerbüchse / Tromblon
18. Jahrhundert
Länge: 100,0 cm; Kaliber: 46 mm; Gewicht: 5,1 kg
Inv. Nr. RK 1269

Jedem Besucher fallen die imposanten Wallbüchsen auf. Die kostbare Jagdwaffensammlung verdankt wohl nicht zuletzt Schenkungen patriotischer Emder Bürger ihre Reichhaltigkeit. Übersehen werden dagegen die eher schlichten Feuerwaffen, die jedoch in der waffengeschichtlichen Entwicklung einen wichtigen Platz einnehmen. So stellt heute eine urtümlich wirkende Feuerwaffe mit der in der Waffenkunde daher treffenden Bezeichnung .Donnerbüchse. oder .Faustrohr. das Kunstwerk dar.
Der zylindrisch-achtkantige Lauf dieser Waffe besitzt an der erweiterten kreisrunden Mündung einen Durchmesser von 46 mm und ist gemarkt. Auf der Schlossplatte ist dann umgeben von floralem Schmuckwerk der Name des Büchsenmachers zu lesen .L. Kinberg, Amsterdam. Kinberg wirkte im 18. Jahrhundert. Der Hahn und die Platte des Schlosses weisen Gravierungen auf. Hervorzuheben ist die rechte Seite der Schlossplatte, die eine lebhafte Jagdszene auf Rotwild abbildet. Ein kniender Schütze, bekleidet mit einem Jagdrock legt das Gewehr auf einen fliehenden Hirsch an, dem zusätzlich zwei Hunde nachsetzen. Die künstlerische Ausführung dieser Szene ist filigran, erscheint dennoch provinziell. Die Vorderschaftshülse, die Ladestockhülse, der Griffbügel und der Kolbenschuh bestehen aus Messing. Den Kolbenschuh ziert eine inzwischen abgegriffene und nicht mehr zu identifizierende Figur, die jedoch an einen Herold erinnert. Die Bezeichnungen für diesen Waffentyp sind mannigfaltig. In Deutschland wurden sie „Streu- und Donnerbüchse“, „Faustrohr“ oder auch „Puffer“ genannt, in Frankreich „tromblon“ und in England „blunderbuss“. Es waren ausgesprochene Nahkampfwaffen mit tricherförmiger Laufmündung, aus denen eine große Schrotladung (10-12 Kugeln) oder gehacktes Metall verschossen werden konnte.
Dieser Waffentyp erwarb sich während des 18. Jahrhunderts als private Selbstverteidigungswaffe einen Namen. So wurden beispielweise Postreiter und Begleitpersonal von Kutschen mit derartigen Waffen ausgerüstet. Aber auch im militärischen Bereich fanden sie Verwendung. Als Enterwaffe wurden sie von Marineeinheiten bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts benutzt, doch besaßen sie diesen Fall oftmals ein Klappbajonett. Da dieses der Waffe fehlt, ist wohl unser Tromblon eher im zivilen Bereich entstanden, worauf nicht zuletzt die Ausschmückung deutet.
Waffentechnisch gehört das Tromblon zu den Vorderladern. Diese Waffen, die ihre Bezeichnung vom Ladevorgang ableiten, waren die ursprünglichen Feuerwaffen und das Militär bevorzugte aufgrund seiner einfachen und unkomplizierten Technik diesen Typ bis in zur Mitte des 19. Jahrhunderts. Für die Auslösungen des Schusses dagegen wurden über die Jahrhunderte verschiedene Zündsysteme erfunden: vom Luntenschloss, über Radschloss, Schnapphahnschloss,
Steinschloss, Miqueletschloss bis zum Perkussionsschloss.
Das vorgestellte Tromblon besitzt ein Steinschloss. Dieses Zündsystem wurde wahrscheinlich um 1640 in Frankreich erfunden und verdrängte das bis dahin – und in der Rüstkammer gut dokumentierte – Luntenschloss sowie das komplizierte und daher anfällige Radschloss. Bei dem Steinschloss waren die Schlagfläche (Batterie) und der Pfannendeckel aus einem Stück gefertigt. Im Hahn befand sich ein Feuerstein. Beim Abziehen schleuderte dieser Feuerstein entlang der stählernen Batterie, warf dabei den Pfannedeckel zurück und legte damit das Zündpulver frei, das durch den Schlagfunken entfacht wurde und die eigentliche Pulverladung im Lauf zündete.

Dr. Wolfgang Jahn