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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

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Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

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Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS JANUAR 2001 (1)

Der hl. Paulus?

Der Beitrag möchte erzählen, warum diese würdevolle Figur den hl. Paulus darstellt:

Der hl. Paulus?
1460/70
67,0 x.20,0 cm
Eichenholz, Reste der Fassung
Inv.Nr.: Pl 20

Der Apostelgeschichte zufolge wurde Saulus vom auferstandenen Christus zum Christentum bekehrt und besonders zur Heidenmission aufgerufen. Das ist die letzte biblische Erscheinung des Auferstandenen und der Grund, warum Paulus als Apostel verehrt wird.
Auf dem Gelände der früheren Abtei Coldinne wurde diese Eichenholzfigur von etwa 1460/70 gefunden und dem Ostfriesischen Landesmuseum in Emden übergeben. Das Kloster lag in der Pfarrei von Arle, nördlich der Stadt Aurich. Es war zunächst von Praemonstratensern, seit der Mitte des 15. Jahrhunderts von den Schwestern der Augustinerinnen besetzt. 1557 wird das Kloster urkundlich durch Graf Johann genannt, der den Schutz der Abtei befiehlt, solange sie Steuern zahlt. Danach verliert sich der Konvent und die Gebäude verfallen. Die Figur ist ein seltenes Dokument zur Klostergeschichte des ostfriesischen Coldinne.
Die Skulptur von knapp 70 cm Höhe (mit Sockel) zeigt deutliche Spuren der Verwitterung, da die Farben mehrheitlich verloren und die Kanten abgerieben sind. Das schlichte Gewand zeigt fünf wie Schüsseln geformte Falten. In der rechten Hand hält der Heilige ein Buch, das natürlich die Bibel meint. Die linke Hand des Heiligen ist leider nicht erhalten. Zu den häufigsten Attributen des hl. Paulus gehört seit dem 13. Jh. das Schwert. Wenn die verlorene Hand ein Schwert gehalten hat, wäre die Deutung der Figur als Paulus sicher. Da dies nicht der Fall ist, muss die Deutung anders begründet werden.
Der charakteristische Kopf der Figur mit dem längeren zweigeteilten Bart und der Stirnglatze entspricht dem Typ der Paulusdarstellungen. Diese haben die im 4. oder 5. Jahrhundert festgelegten Gesichtszüge später zumeist behalten. Die Sicherheit des Glaubens wird durch die Bibel im Arm und die betonte Denkerstirn unterstrichen. Fest und geschlossen wirkt die Statue, ohne die gotische Drehung oder den S-Schwung anderer Skulpturen des 15. Jahrhunderts mitzumachen.
Warum begegnet uns der hl. Paulus in Coldinne? Diese Frage lässt sich plausibel beantworten, obwohl es bislang niemand versucht hat: Die Praemonstratenser- und ab 1450 Augustiner-Chorherren-Abtei Hopels bei Wiesmoor war Paulus geweiht. Dies ist um so interessanter, als die Abtei Coldinne, wo die Figur gefunden wurde, gleichzeitig vom Praemonstratenser- zum Augustinerinnen-Orden wechselte und Coldinne wie Hopels zur Diözese Bremen gehörten. Die Chorherren hatten wohl eine leitende Funktion für den nahe gelegenen Frauenkonvent des gleichen Ordens.
Somit lässt sich die Geschichte der Figur zusammenfassen: Sie wurde von dem neuen Konvent des Klosters zur Ehre des hl. Paulus in Auftrag gegeben. Hierbei wird der Konvent in Hopels als Auftraggeber eine bedeutende Rolle gespielt haben.

Dr. Hans-Peter Glimme