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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
Wir suchen dich! FSJ im OLME
Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS OKTOBER 2000 (2)

Ein Instrument für den bürgerlichen Salon

Ein wenig versteckt steht in der Ecke des Empire-Zimmers des Ostfriesischen Landesmuseums ein kleines Tafelklavier aus der Biedermeierzeit (1815 – 1850).

Tafelklavier
1. Hälfte 19. Jahrhundert
Ebenholz, Fichte, Mahagoni, Leder, Kupfer, Messing, Stahl, Filz
126,0 x 81,5 x 68,0 cm
Inv.Nr.: M 10

Es fällt nur durch die stark gerundeten Ecken und die für Tafelklaviere ungewöhnliche Symmetrie auf. Das Mahagoni-furnierte Instrument ist zurückhaltend mit Intarsienbändern auf Deckel und Vorsatzbrett verziert. Seine vier Beine sind als bauchige Säulen gestaltet. Die Halterung des Dämpferpedals hat die Form einer Lyra. Das Tafelklavier eines unbekannten Herstellers verfügt über einen Tonumfang von 6 Oktaven.
Das Instrument gehört zur Gruppe der Hammerklaviere. Um 1700 in Italien erfunden, hatte das Hammerklavier gegen Ende des 18. Jahrhunderts das Cembalo und Klavichord aus dem europäischen Musikleben verdrängt. Die frühen Tafelklaviere lassen noch deutlich ihre Abstammung vom Klavichord erkennen, aus dem sie in der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts oft durch Einbau einer Hammermechanik gefertigt wurden. Die wichtigsten Impulse für die Entwicklung des Tafelklaviers kamen aus Deutschland und England. Deutsche Instrumentenbauer hatten das Tafelklavier Ende des 18. Jahrhunderts auf die Insel gebracht, wo es begünstigt durch die industrielle Herstellung rasch Verbreitung fand und auch nach Deutschland exportiert wurde.
Im Laufe des 19. Jahrhunderts wurde der Tonumfang ständig erweitert, von anfänglich fünf auf bis zu sieben Oktaven. Die Verwendung zusätzlicher und dickerer Seiten erhöhte die Seitenspannung so stark, dass man um 1850 dazu überging Metallrahmen einzusetzen. Aus dem ursprünglich leichten und handlichen Instrument mit zartem Klang war ein raumgreifendes und schweres Möbel geworden, ohne jedoch den vollen Klang eines Hammerflügels zu erreichen. Gegen 1860 wurde das Tafelklavier in Europa vom Pianino – dem heutigen Klavier – verdrängt. In Amerika, wo es seinen größten Liebhaberkreis fand, konnte sich das Tafelklavier noch bis zur Jahrhundertwende behaupten.
Im Biedermeier gehörte das Tafelklavier praktisch zur Ausstattung eines jeden bürgerlichen Haushalts, da es aufgrund seiner relativ geringen Abmessungen und niedrigen Anschaffungskosten ideal für das häusliche Musizieren war. Zur Erziehung der Mädchen aus gutem Hause gehörte selbstverständlich das anmutige Spiel auf dem Tafelklavier. Nach damaliger Auffassung konnten sich die jungen Damen beim Klavierspiel in Disziplin üben und gleichzeitig ihre Emotionen auf gesellschaftlich akzeptable Weise ausdrücken, was natürlich auch ihre Chancen auf dem Heiratsmarkt verbesserte.
Historische Tafelklaviere sind heute äußerst selten und gehören zu den kostbaren Vermächtnissen unserer Kulturgeschichte.

Dirk Witthaut M. A.