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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
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Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS JUNI 2000

Doppelkopf-Konsolsteine

Der Bauschmuck der Stadt Emden war im 16. und 17. Jahrhundert prächtig und durch Besonderheiten herausgehoben.

Doppelkopf-Konsolstein vom Emder Haus Neutorstraße 33/34
1561
Sandstein
Inv.Nr.: Pl 113

Doppelkopf-Konsolstein
16. Jahrhundert
Sandstein
Inv.Nr.: Pl. 114

Zu diesen Besonderheiten zählten auch die Konsolsteine mit zwei fantasievollen Köpfen, die in unterschiedliche Richtungen blicken. Von den sechs bekannten Doppelkopf-Schmucksteinen sind nur wenige erhalten geblieben. Zwei befinden sich jetzt als Kunstwerke des Monats im Ostfriesischen Landesmuseum ½ Emder Rüstkammer, ein weiterer ziert seit dem Wiederaufbau nach dem 2. Weltkrieg den Rathausdurchgang zur Brückstraße. Es waren Verzierungen, die nicht im rechten Winkel eine Hausecke „bewachten“, wie es oftmals bei Löwenköpfen der Fall war. Solchen Bauschmuck gab es im späten 16. Jahrhundert an der Kirchstraße 19 oder an einem Nachbarhaus der Neutorstraße. Die Steine waren vielmehr in großer Höhe in eine gerade Backsteinwand oder einen Strebepfeiler eingelassen, so dass sie nicht unbedingt an eine Ecke gebunden waren. Der Doppelkopfstein im Rathausdurchgang ist deshalb eigentlich falsch angeordnet, weil er relativ weit unten über Eck gestellt eingemauert wurde.
Der erste Stein mit Doppelkopf stammt vom früheren Haus Neutorstraße 33/34, das mit der Jahresinschrift 1561 versehen war. Das Haus ist durch Albert von Pewsum erbaut worden und trug die folgende Inschrift: „ICK SE, ICK HORE, ICK SWIGE VND VORDRAGE, ALSUS WEET NEMANT WAT ICK IAGE, WENTE GODT IS ALLENE DE MAN, DE GEVEN VNDE FALSCHE NIDERTUNGEN WECH NEHMEN KANN ANNO 1561“. Zwei sehr humorvolle Blattmasken haben nach unten auf die Straße geblickt. Das „Beleben“ von Blättern mit Menschenköpfen war im späten Mittelalter und in der Renaissance sehr beliebt und wurde u.a. auch an der Klunderburg Emdens im 16. Jahrhundert vorgeführt. Ein ähnlicher Stein, der allerdings nur eine einzelne ‚Maske' zeigt, befindet sich heute ebenfalls im Rathausdurchgang.
Etwas verwegener ist der andere Doppelkopf, wobei aus dem Mund des linken Blattranken wuchern, während rechts eine Fratze mit halboffenem Mund zu sehen ist. Bislang ist es nicht bekannt, von welchem Bürgerhaus Emdens dieser Stein stammt.
Die Fratzenköpfe waren einerseits eine Abschreckung des Bösen, damit das Dämonische durch die Darstellung gebannt würde. Andererseits waren solche Schmucksteine natürlich zur Zierde des Bauwerks gedacht, wobei sie den Reichtum des Bauherren oder seine Beziehung zum Geschmack der Niederlande spiegeln sollten. In den Niederlanden, woher im 16. Jahrhundert viele Glaubensflüchtlinge nach Emden kamen, waren die roten Backsteinhäuser ebenso oft mit hellen Sandsteinfriesen verziert. Dieser niederländische Stil in roten und weißen Schichten lässt sich in Emden sehr gut beim Hafentor Martin Fabers von 1635 ansehen.
Emdens Häuser haben heute nur noch selten einen Zierstein. Im Ostfriesischen Landesmuseum gibt es zur Zeit die Möglichkeit, zwei hervorragende Exemplare aus nächster Nähe kennen zu lernen.

Dr. Hans-Peter Glimme