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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS APRIL 2000

„Ehrenbürgerbrief für den Oberbürgermeister Ernst Heinrich Hantelmann“

An einem Wochenende im August 1876 konnten die Emder Bürger im Rathaussaal unter dem Glasschutz des städtischen Silberschranks den Ehrenbürgerbrief für den Emder Oberbürgermeister Ernst Heinrich Hantelmann in Augenschein nehmen, der seitdem der Öffentlichkeit nicht mehr zugänglich gewesen ist.

August Karrer (1830 – 1889)
„Ehrenbürgerbrief für den Oberbürgermeister Ernst Heinrich Hantelmann“
20.5.1876
Urkunde, kolorierte Federzeichnung
44,5 x 67,8 cm
Inv.Nr.: GS Kunst 100002

Hantelmann, von 1854 bis 1875 im Amt und seit 1868 Oberbürgermeister, wurde 1876 die Ehrenbürgerwürde verliehen. Gleichzeitig beschloss der Magistrat, den Brief von dem Weimarer Kunstmaler und Lithographen August Karrer (1830 – 1889) künstlerisch gestalten zu lassen. In Zeiten fortschreitender Massenproduktion von vorgedruckten Diplomen, Urkunden und selbst Adelsbriefen keine Selbstverständlichkeit.
Der Ehrenbürgerbrief imitiert die farbenprächtigen illuminierten Handschriften und Prachteinbände des Mittelalters. Die Vorderseite des handgefertigten braunen Ledereinbandes ist mit blauem Samt, geprägten blau-goldenen Reliefs und aufgelegten schwarzen Lederornamenten aufwendig verziert. In der Mitte erhebt sich das von rotem Leder und einem goldenen Kranz umgebene Emder Stadtwappen. An seidenen Siegelschnüren in den Stadtfarben Gelb-Rot-Blau ist eine beidseitig ornamentierte und vergoldete Metallkapsel befestigt, in der sich das in Wachs geprägte Stadtsiegel befindet. Die Gestaltung des Textes bedient sich der Kalligraphie: Die Buchstaben sind mit Feder und Tusche gezeichnet. Das Schriftbild imitiert die Fraktur mittelalterlicher Handschriften. Initialen werden durch Größe, Farbe und phantasievolle Verzierungen hervorgehoben. Die Farbgebung konzentriert sich auf Blau, Rot, Gold, Schwarz und Grün. Goldenes Rankenwerk, in das wie im Mittelalter kolorierte Miniaturen eingebettet sind, rahmt den Text effektvoll ein. Alle Miniaturen beziehen sich auf die Geschichte der Stadt Emden und Ostfriesland. Sie werden von Inschriften in Latein und Niederländisch begleitet. Herausragend in der Kopfzeile das Rathaus mit dem Stadtwappen.
Über das Leben Hantelmanns und sein Wirken in Emden ist nur wenig bekannt. Im Gegensatz zu seinem Amtsnachfolger Leo Fürbringer spielt der Name Hantelmann in der Stadtgeschichte bis jetzt kaum eine Rolle. Der am 9. Oktober 1806 geborene Pastorensohn studierte Jura und war ab 1828 in Hannover als Rechtsanwalt tätig. Im Revolutionsjahr 1848 saß er als liberaler Abgeordneter im hannoverschen Landtag. Dort arbeitete er an einer neuen Verfassung für das Königreich Hannover mit und setzte sich für die Anerkennung der in der Frankfurter Paulskirche beschlossenen Verfassung ein. 1852 schied Hantelmann aus dem Landtag aus, um das Bürgermeisteramt von Gifhorn anzutreten. Zwei Jahre später wurde er zum Bürgermeister von Emden gewählt und trat sein Amt am 12. April 1854 an. Wichtige Ereignisse in seiner Amtszeit waren der stetige Ausbau des Telegraphenwesens ab 1855, die Eröffnung der Hannoverschen Westbahn 1856 und der Bau der Gasanstalt 1861, der Emden von der Straßenbeleuchtung aus Talg und Öl befreite. Besondere Verdienste erwarb sich Hantelmann im sozialen Bereich. Bereits in Gifhorn war er Lehrer an der dortigen Gewerbeschule. In Emden bemühte sich Hantelmann besonders um die Neuorganisation des Armenwesens.
Er bekleidete zahlreiche politische Ämter auf regionaler und überregionaler Ebene, von denen eines der wichtigsten sein Reichstagsmandat im Norddeutschen Bund von 1867 bis 1869 war. Aus Altersgründen reichte Hantelmann 1874 sein Entlassungsgesuch ein, schied zum 1. Mai 1875 aus dem Amt und zog nach Hannover. Dort war er noch ein Jahr als Oberamtsrichter tätig. Im Ruhestand widmete er sich im Vorsitz des Protestantenvereins weiterhin sozialen Fragen und publizierte 1877 über die Reform des Armenwesens am Beispiel Emden.
Hantelmann starb am 15.12.1890. Seine Erben schenkten den Ehrenbürgerbrief 1891 der „Gesellschaft für bildende Kunst und vaterländische Altertümer“, der Hantelmann bis zu seinem Tode als Ehrenmitglied angehörte.

Diana Ira Spiller M. A.