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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS MÄRZ 2000 (2)

Doppelstandbild Maria & Johannes

Die Eichenholzplastik des Landesmuseums war bis zum späten 19. Jahrhundert im Besitz der Kirche von Bagband, wurde aber 1896 auf dem Dachboden der Kirche aufgefunden und an die Sammlung der „Kunst“ geschenkt.

Doppelstandbild Maria & Johannes
um 1470
Eiche
164,0 x 73,0 cm
Inv.Nr.: Pl 35

Die qualitätvolle Skulptur des späten 15. Jahrhunderts mit der Höhe von 164 cm und der Breite von 73 cm war nicht so isoliert wie heute aufgestellt. Die Rückseite der Figur ist flach und teilweise ausgehöhlt, so dass sie vor einer Wand gestanden haben wird. Außerdem gehört zu diesem Paar eine Kreuzigung oder Grablegung Christi. Für die Kirche von Bagband ist eine spätgotische Kreuzigungsgruppe überliefert, bei der links Maria und rechts Johannes stehen. Insofern muss die Doppelstatue einer weiteren Szene, eben einer Grablegung angehört haben. Die Aufbewahrung in Bagband könnte die fragmentierte Erhaltung verständlich machen, weil Maria die Nase abgeschlagen wurde, bei Johannes die ganze Mund- und Nasenregion fehlt. Es ist zu vermuten, dass die Figuren eine Verstümmelung durch die frühere Bilderfeindlichkeit der reformierten Kirche erhalten haben. Bei solchen Aktionen wurden die wichtigen Regionen des Ausdrucks und des Handelns abgeschlagen. Das Gewand Mariens ist reich gefaltet, wobei die Falten zumeist nach unten fallen. Nur wenige sind durch die Hand des Johannes zu Y-Formen gerafft, unter den Armen an der Seite sind die Falten in Schüsselformen zu sehen. Maria hat die Hände zum Gebet erhoben und ist leicht nach links gebeugt, während Johannes etwas nach rechts gewandt ist und die Arme um Maria gelegt hat. Insgesamt ergibt sich die ruhig stehende Doppelfigur eines X. Reste der farbigen Bemalung, die eine realistische Wirkung verstärkt hat, zeigen beide Figuren.
Darstellungen der trauernden Menschen um Christus sind seit dem Mystizismus des 14. Jahrhunderts möglich und nehmen zum Ende des Mittelalters zu. Die Figuren treten leidend und realistisch auf, um ein Mitgefühl bei der Betrachtung zu erzeugen und um mehr das Gefühl als das Wissen anzusprechen. Die Vergegenwärtigung der christlichen Heilsgeschichte durch Figuren war ebenso beliebt wie das kirchliche Rollenspiel, das eine frühe Form des Theaters ist. Die annähernd lebensgroßen Figuren wurden wahrscheinlich um 1400 durch den Niederländer Claus Sluter in Burgund eingeführt. Über die Niederlande, etwa mit der Malerei Rogier van der Weydens, wurden diese Darstellungen im 15. Jahrhundert weiter verbreitet und treten bei Altargemälden in ganz Deutschland auf. Mit dem trauernden Paar der Heiligen Maria und Johannes kam das Doppelstandbild im 15. Jahrhundert in unsere Kirchen.

Dr. Hans-Peter Glimme