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Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

KUNSTWERK DES MONATS JANUAR 2000

Duellpistolen

Das Pistolenpaar stammt vermutlich aus der Werkstatt „Mohin“ im spanischen Valencia.

Duellpistolen
Mohin, Valencia / Spanien
19. Jahrhundert
38,0 x 16,0 x 3,5 cm
Inv.Nr.: RK 2555/4 und RK 2555/12

Kunstwerk des Monats Januar im Ostfriesischen Landesmuseum und Emder Rüstkammer ist ein Duellpistolenpaar aus dem Magazinbestand. Die Pistolen werden zusammen mit verschiedenen Lade- und Reinigungsuntensilien in einer Holzschatulle aufbewahrt.
Das Pistolenpaar stammt vermutlich aus der Werkstatt „Mohin“ im spanischen Valencia. Beide Pistolen tragen auf der Oberseite des achteckigen Laufs die Schmuckbeschriftung „Mohin a Vallenciennes“. Um sie als zusammengehörendes Paar zu kennzeichnen, sind die Objekte auf den Deckplatten am Schaft verschieden bezeichnet. Eine Waffe trägt die Aufschrift „Mohin“ und die andere Waffe „a Vallenciennes“. Die Pistolen sind durch die Schmuckschriften auf Lauf und Deckplatte sowie klassizistische Ornamente an Vorderschaft und Ende des Pistolengriffs gestaltet.
Der Zündmechanismus der Waffen basiert auf einem Perkussionsschloss. Statt der Zündung durch Flamme beim Luntenschloss und der Zündung durch Funken beim Steinschloss, wird beim Perkussionsschloss der Explosivstoff durch den Schlag des Hahns gezündet. Der Feuerstrahl schlägt durch den Zündkanal und entfacht das Pulver im Lauf. Das Perkussionsschloss ist nach dem Aufschlagen (Perkussion) des Hahns benannt und wurde im 19. Jahrhundert entwickelt. Es beruht auf einem zuverlässigen Explosionsstoffs, der bei den hier gezeigten Pistolen in einem Zündhütchen eingeschlossen ist.
Der Prager Büchsenmacher A. V. Lebeda erfand 1829 das auch bei diesen Duellpistolen eingebaute Kastenschloss. Kennzeichnend für das Kastenschloss ist, dass sich der gesamte Mechanismus, außer dem seitlich angeordneten Hahn, im Verschlussgehäuse befindet.
Die Einführung des Perkussionsschlosses steigerte die Verlässlichkeit der Schusswaffen. So gab es 1829 bei Versuchen in Frankreich mit dem Batterieschloss einen Versager auf 15 Schuss, bei Versuchen mit dem Perkussionsschloss einen auf 290 Schuss.
Beide Pistolen sind in einer mit Wurzelholzfurnier bezogenen Holzschatulle aufgehoben. Die Schatulle trägt auf der Außenseite ein Messingzeichen, in das die Buchstaben M A S in Ligatur eingraviert sind. Insgesamt sind in den mit grünem Stoff bezogenen Kasten 17 Fächer eingelassen. Neben den beiden Duellpistolen enthält die Schatulle eine in neobarockem Ornament verzierte Pulverflasche, einen Ladehammer, ein Ölgefäß, einen Besen zum Reinigen der Pistolenläufe und weiteres Zubehör.
Duellpistolen wurden sowohl zur Repräsentation als auch zum Töten verwandt. Sie verweisen damit auf die Kunst des Büchsenhandwerks und die Kulturform des Duells. Duelle waren zunächst Rituale des Adels, in deren Zentrum die verletzte Ehre stand. Adelige Männer, die sich wechselseitig als satifikationsfähig anerkannten, konnten auf eine vermeintliche Ehrverletzung jederzeit mit der Forderung zu einem Ehrenzweikampf reagieren. Diese Kämpfe wurden anfangs noch mit Blankwaffen ausgefochten. Der Ausgang der Duelle stand noch nicht im Mittelpunkt.
Allein die Teilnahme an einem potentiell tödlichen Kampf stellte die persönliche Ehre unter Beweis. Die Gegner gaben so zu erkennen, dass sie ihre „Ehre“ höher einschätzten als ihr Leben. Zunehmend rückten aber Sieg oder Niederlage im Kampf in den Mittelpunkt des Duells und die bloße Teilnahme am Kampf bestimmte nicht mehr über die persönliche Ehre. Die Sekundanten der jeweiligen Gegner griffen dazu auch aktiv in das Kampfgeschehen ein. Allmählich wurden neben den Blankwaffen auch Pistolen eingesetzt. Nach dem Abfeuern der noch sehr ungenauen, einschüssigen Pistolen wurde der Kampf aber weiter mit Blankwaffen ausgefochten.
Im 19. Jahrhundert weitete sich das Duell zunehmend auf das Bürgertum aus und wurde beim Militär und an Universitäten immer populärer. Zugleich nahm die Treffergenauigkeit und Verlässlichkeit der Pistolen immer weiter zu, was eine steigende Zahl von Todesfällen zur Folge hatte. So verzeichnete die Kriminalstatistik für Preußen von 1800 bis 1914 insgesamt 270 Duelle, von denen 209 mit der Pistole ausgetragen wurden und 78 einen tödlichen Ausgang hatten. Zudem war die Dunkelziffer der Duelle sehr groß, da nur wenige Duelle vor Gericht verhandelt wurden.

Dipl. Soz.-Wiss. Dirk Heisig