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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
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KUNSTWERK DES MONATS NOVEMBER 1999 (1)

Hausflur mit Kommode

Georg Warring, der Sohn eines Emder Kapitäns, unternahm schon als Schuljunge erste Versuche, seinem Ziel, Kunstmaler zu werden, nachzukommen.

Georg Warring ( 1879 Emden – 1967 Emden)
Hausflur mit Kommode
1920er Jahre
Öl auf Hartfaserplatte
48,0 x 35,0 cm
Inv.Nr.: OLM 149

Doch da sein Vater früh verstarb, erlernte Warring wie ein Großteil späterer Kunstmaler den Beruf des Anstreichers. Nach der Lehre zog es den Emder nach Hannover und Berlin, wo er nebenbei privaten Unterricht im Blumen- und Figurenmalen nahm. Zurück in Emden, machte er sich mit einem Malerbetrieb selbständig, aber es reichte ihm nicht, nur handwerklich tätig zu sein – er wollte immer noch künstlerisch arbeiten.
Der Erste Weltkrieg ermöglichte es ihm, seinen nie aus den Augen verlorenen Kindheitswunsch in die Tat umzusetzen, als er nach einer Verwundung Regimentszeichner wurde. Obwohl seine Hauptaufgabe darin bestand, Stellungskarten zu zeichnen, fand er noch die Zeit, Aquarelle und Skizzen anzufertigen. Nach dem Krieg hängte er den Beruf des Anstreichers an den Nagel und wandte sich gänzlich der künstlerischen Malerei zu. 1921 lernte er den Münchner Kunstprofessor Julius Schrag (1864 – 1948) kennen, der wie so viele Künstler Ende des 19. / Anfang des 20. Jahrhunderts sich zu längeren Studienzwecken vor der Natur in Emden und Ostfriesland aufhielt. Gemeinsam durchstreiften sie Anfang der 1920er Jahre die Stadt und das Umland und malten im Stile des – längst nicht mehr avantgardistischen, aber für ihre Zwecke am besten geeigneten – Naturalismus. Warring wollte weder eine idealisierte Komposition seines Umfeldes – wie es der (kunst-)akademische Klassizismus verlangte – noch einen subjektiven Eindruck im Sinne des Expressionimus wiedergeben. Sein Ziel war es zu Beginn seines Schaffens, das allgemein Sichtbare – ohne auf das Häßliche zu verzichten oder das Elend zu verschweigen – zu dokumentieren. Das Gemälde „Hausflur mit Kommode“ zeigt ungeschönt den Blick in einen kargen, fast kalten, kaum ausstaffierten und eher ärmlich wirkenden Wohnbereich. Ein einziger Lichtblick in diesem Bild sind die blühenden Pflanzen außerhalb des Hauses. Welcher Hausflur von Warring überliefert worden ist, läßt sich heute nicht mehr erschließen, aber es kann mit einiger Sicherheit gesagt werden, daß er keinen Einzelfall in Emden in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts darstellte.
Julius Schrag, der berühmte Künstler aus dem Süden, war es auch, der Georg Warring nach München holte, um dem talentierten Maler die letzten Feinheiten der Kunst zu vermitteln. Erst der vertiefte Kontakt mit dem Professor führte dazu, daß die Bilder Warrings ihre grundsätzliche Tristesse, die nicht zwingend Bestandteil des Naturalismus war, verloren und in leuchtenderen Farben seine Heimatstadt und Ostfriesland zeigten. Heute gilt der vor 120 Jahren in Emden geborene Georg Warring als einer der großen lokalen Übermittler eines längst vergangenen Stadtbildes, das er selbst noch vor Augen gehabt hat.
Georg Warring gewährt einen – wenn auch nicht allzu intimen – Einblick in den Hausflur eines Bürgerhauses. Im Grunde ist es ein unspektakulärer Einblick, denn der Hausflur ist schlicht gestaltet und läßt eine persönliche Note vermissen. Nichts weist auf den oder die Bewohner des Hauses hin und dennoch muß der Künstler einen besonderen Reiz empfunden haben, als er sich entschloß, diesen Anblick bildnerisch festzuhalten.
Der Fußboden besteht aus grob zurecht geschnittenen oder gehauenen Natursteinen, die Wände sind schmucklos verputzt. Nur eine einfache Kommode, auf der zwei Flaschen stehen, und ein hölzerner Stuhl zeugen davon, daß dieser Flur Teil des Wohnbereichs ist. Am rechten Bildrand führt eine unbeleuchtete Treppe mit einem nahezu unverzierten Geländer in die obere Etage.
Das Gemälde ist in warmen, aber düster und freudlos wirkenden Gelb- und Brauntönen gehalten. Einzig im linken oberen Viertel wird das Auge des Betrachters von einer grünen Fläche mit orangen Tupfern gefangen genommen. Am Ende des Flurs steht eine Tür offen und gibt den Blick frei auf einen schmalen Hinterhof, in dem Pflanzen einer nicht zu identifizierenden Gattung im Sonnenlicht blühen. Doch das Sonnenlicht erreicht kaum den Hausflur, um die Szene in freundlichere Töne zu tauchen. Gerade in den 1920er Jahren, als er noch am Beginn seines künstlerischen Schaffens stand, waren die Gemälde des Künstlers noch in beinahe trister Einfarbigkeit gehalten, wobei er einen grauen Grundton bevorzugte. Erst später ging der stets zurückhaltende und bescheidene Georg Warring farbenfroher in seinen Gemälde an das, was er vermitteln wollte, heran.

Aiko Schmidt M. A.