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KUNSTWERK DES MONATS OKTOBER 1999

Wedgewood Teeservice

Das Teeservice zählt zur sogenannten Basaltware, auch „Ägyptisches Schwarz“ genannt.

Teekanne
um 1800
Basaltsteinzeug
12,7 x 13,0 cm
Inv.Nr.: Leih 55/1 – 2

Sahnegießer
um 1800
Basaltsteinzeug
11,5 x 7,5 cm
Inv.Nr.: Leih 53

Zuckerdose
um 1800
Basaltsteinzeug
13,0 x 9,0 cm
Inv.Nr.: Leih 54/1 – 2

Dieser Keramiktyp wurde von dem englischen Keramikhersteller und Unternehmer Josiah Wedgewood (1730 – 1795) entwickelt und 1767 erstmals produziert. Basaltware zeichnet sich durch einen feinkörnigen, unglasierten Scherben aus, der durch die Basaltbeigabe den für sie typischen tiefblauschwarzen Farbton erhielt.
Im letzten Viertel des 18. Jahrhunderts führte Wedgewood die industrielle Serienfertigung in dem Bereich der Keramik ein. Die Ware konnte also beliebig oft reproduziert und europaweit preisgünstig angeboten werden. In Deutschland fand der Import über die Häfen in Hamburg und in Emden statt. Dies erklärt, dass die Wedgewood-Ware in einem Umkreis von bis zu 100 Kilometern um die Hafenstädte relativ häufig in den Bürgerhäusern vorhanden war.
Von dem Emder Teeservice sind nur noch Teekanne, Sahnegießer und Zuckerdose erhalten, die dazugehörigen Tassen sind vermutlich verloren gegangen. Dass es sich dabei ursprünglich nur um zwei Tassen handelt, ist auf Grund der Größe der Kanne anzunehmen. Das Service war wahrscheinlich für Tête-à-tête (im Englischen auch als „early morning teaset“ bezeichnet), das traute Zusammensein zweier Personen, bestimmt. Die Ikonographie der szenischen Darstellungen auf der Wedgewood-Ware ist selten eindeutig zu identifizieren, da tradierte Bildersprache häufig zweckentfremdet und oberflächlich behandelt wurde. Die Emder Teekanne zeigt auf der Wandung verschiedene Szenen ohne erkennbaren Zusammenhang: In der ersten Szene wird der antike Gott Bacchus (gr. Dionysos) auf einem von einem Schaf gezogenen, zweirädrigen Wagen gezeigt. Abgestützt wird der Weingott von einem neben dem Wagen herlaufenden Satyr der bacchischen Gefolgschaft. Über dem Zugtier fliegt eine Psyche mit im Wind flatternden Gewand. In den unteren Zwickeln über den Profilrillen flankieren neben Bacchus links ein stilisierter Baum und rechts eine Frau mit Äpfeln auf dem Schoß und einem Fass an ihrer linken Seite.
Die zweite Szene zeigt einen angeschirrten Widder, der eine Plateau hinter sich herzieht, auf dem ein Dreifuß mit einem qualmenden Topf steht. Eine zusammengekauerte Frau sitzt davor mit gebeugtem Haupt und sich im Wind blähenden Schleier. An einem Ast neben ihr hängt ein toter Vogel. Über dem Zugtier schwebt ein Putto mit Pfeil und Fackel. Bei der zusammengekauerten Figur handelt es sich möglicherweise um die antikisierende Darstellung einer Vestalin, deren Aufgabe es im römischen Staatskult war, das heilige Feuer auf dem Forum Romanum nie ausgehen zu lassen. Neben dieser Szene in den Zwickeln befindet sich links ein Putto mit einer Taube auf der Hand und rechts ein kleines Mädchen mit Kopftuch und Korb über dem Arm.
Auf der Zuckerdose entspricht eine Szene der ersten auf der Teekanne. Die andere zeigt einen vierrädrigen, von einem Löwen gezogenen Wagen mit einer weiblichen Figur. Auf dem Löwenrücken sitzt ein geflügelter Putto mit Gerte. Ein zweiter gegen die Fahrtrichtung stehender Putto wedelt der halb liegenden und halb sitzenden, auf ihrem Tuchmantel Schlafenden mit einem Fächer Kühlung zu. Die Ikonographie deutet daraufhin, dass es sich bei der Schlafenden um die kretische Königstochter Ariadne handelt, die von Theseus auf der Insel Naxos verlassen wurde. Dort fand der Gott Bacchus in Begleitung seiner Gefolgschaft die Schlafende und machte sie noch auf der Insel zu seiner Gemahlin. In der römischen Sepulkralkunst war der griechische Mythos von Bacchus und Ariadne ein beliebtes Bildthema. Im Zuge der Antikenrezeption seit der Renaissance wurden diese Motive kontinuierlich in allen Gattungen der Kunst rezepiert. Häufig ist das göttliche Paar ähnlich wie auf dem Service auf einem zwei- oder vierrädrigen Wagen umgeben von Putti und Bacchanten dargestellt worden.
Auf der Wandung des Sahnegießers sind die beiden Szenen der Teekanne nochmals dargestellt.
Zwar wurde das schwarze Basaltgeschirr zu Traueranlässen benutzt, war aber nicht von Josiah Wedgewood ursprünglich dafür hergestellt worden. Seine Idee der Farb- und Formengebung geht auf bei Ausgrabungen in Griechenland entdeckte schwarzfigurige Vasen zurück, von denen er bereits ab 1769 Kopien herstellen ließ. Anders als bei den Vorbildern verwendete man bei der seriellen Herstellung von Servicen eine mit Modeln erzeugte plastische Auflage.
In dem Rückgriff auf antike Motive für den Dekor, aber auch auf antike Gefäßformen liegt u.a. die große Beliebtheit der Wedgewood-Ware begründet, da damit offenbar der Geschmack eines breiten Publikums getroffen war. Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der schwarzen Basaltware in England ist der reizvolle Kontrast, den sie zu den vornehm weißen Händen von Damen der Gesellschaft bildete. Dazu bemerkte Josiah Wedgewood: „I hope white hands will continue in fashion and then we may continue to make Black teapots“.

Simone Hübner M. A.