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Emden ist erste Reformationsstadt Europas

Ostfriesisches Landesmuseum Emden
Brückstraße 1 | 26725 Emden
Tel.: +49 (0)4921 - 87 20 50

Öffnungszeiten:
Di - So: 10:00-17:00 Uhr
Mo geschlossen sowie an Karfreitag, 24.12., 25.12. + 31.12. + 1.1.
Ostermontag, Pfingstmontag und am 26.12. geöffnet

UNSERE NÄCHSTEN VERANSTALTUNGEN

FREITAGS, 15:30 - 17:00 UHR
KIDS IN!
Programm für kreative Köpfe von 6 bis 10 Jahre

09 Uhr, 11 Uhr, 13 Uhr, 15 Uhr, 17 Uhr, 19 Uhr, 21 Uhr
Emder Glockenspiel
gespielt von Michael Schunk

Bewerbungsschluss: 30. April
Wir suchen dich! FSJ im OLME
Deine Chance für eine vielseitige und spannende Erfahrung

KUNSTWERK DES MONATS OKTOBER 2011

Köcher für vergiftete Blasrohrpfeile

Schon wenige Jahre nach Gründung der Naturforschenden Gesellschaft zu Emden von 1814 tauchten in den 1820er Jahren die ersten Gegenstände in den Sammlungen auf, die nicht aus der näheren Umgebung, also Ostfriesland stammten.

Südostasiatisch
Köcher für vergiftete Blasrohrpfeile
Bambus, Stoff
vor 1833
H: 29,8 cm; B: 10,5 cm; Dm: 6,1 cm
Inv.Nr.: Leih 332
Eigentum der Naturforschende Gesellschaft zu Emden von 1814

Die Mitglieder der Gesellschaft waren von Anfang an bestrebt gewesen, nicht nur die „Naturprodukte des Vaterlandes“, sondern auch „die ferner Gegenden in möglichster Vollständigkeit zusammen zu stellen“ (Dr. Michael August Friedrich Prestel in der Ostfriesischen Zeitung Nr. 212 vom 7.12.1848). Die Artefakte waren keine Mitbringsel, die in einem Raritätenkabinett unreflektiertes Bestaunen auslösen sollten. Sie boten stattdessen einen anschaulichen Überblick über die unterschiedlichen Entwicklungsstände der vielen nebeneinander lebenden menschlichen Kulturen dieser Erde.
So findet sich im „Jahresbericht über die Wirksamkeit und den Zustand der naturforschenden Gesellschaft in Emden im Jahre 1850“ ein „Verzeichnis der von dem Herrn Major Kreling zu Padang auf der Westküste von Sumatra [Indonesien] geschenkten Sammlung von Waffen, Zierrathen und Geräthschaften aus dem indischen Archipel, hauptsächlich von den Bewohnern der westlich von Sumatra liegenden Inselgruppen“. In der Einleitung wird erläutert, dass die „Inseln, wovon die Gruppe der Mentawey oder Poggy Inseln und Nias die bemerkenswerthesten sind, […] bis vor kurzem, und […] zum Theil noch jetzt [also in der Mitte des 19. Jahrhunderts], für europäische Wissenschaft eine terra incognita“, ein unbekanntes Land, waren. Während in unmittelbarer Nachbarschaft – Malaysia, Thailand und Indonesien – bereits seit Jahrhunderten fortschrittliche Zivilisationen lebten, standen die Bewohner dieser Inseln auf einer steinzeitlichen Menschheitsstufe.
Hendrik Janssens Meynderts, der in Batavia (heute Jakarta, die Hauptstadt der Republik Indonesien) als Superintendent lebte, schenkte 1833 der NfG u. a. einen Köcher für vergiftete Blasrohrpfeile, der in der Abteilung „Aus dem Fundus“ im Ostfriesischen Landesmuseum Emden unter dem Stichwort „Jagen“ ausgestellt wird. Der Köcher stammt von den Dayak, einer seit dem 3. Jahrtausend v. Chr. auf der indonesischen Insel Borneo im Landesinneren beheimateten Gruppe von Völkern, die sich in mehr als 300 Stämme mit verschiedenen sprachlichen und kulturellen Gruppen aufgliedert.
Damit gehörten die Mitglieder der Naturforschenden Gesellschaft durchaus zu den sehr frühen Sammlern und Dokumentaren von völkerkundlichen Gegenständen. Diese Sammlung von Ethnographika konnte – wenn auch mehr aus nationalen oder gar nationalistischen Gründen – den Krieg nahezu unbeschadet überstehen, da sie während des Zweiten Weltkrieges in den Kellerräumen des naturkundlichen Museums in der Grasstraße magaziniert war und so kein Opfer der Bombenangriffe des Jahres 1943 wurde. 1935 hatten sich die Verantwortlichen entschlossen, das naturkundliche Museum in ein Nordsee-Museum umzuwandeln und die inzwischen doch als überseeische „Mitbringsel“ betrachteten Objekte aus der Dauerausstellung zu verbannen. Ausschlaggebend dafür war die Ansicht, dass in kleineren Städten die Museen nur noch eine Daseinsberechtigung hätten, wenn sie sich als „landschaftsgebundene, stammesechte Heimatmuseen“ – wie Wilhelm Hollenberg es 1937 formulierte – darstellen würden.

Aiko Schmidt M. A.