KUNSTWERK DES MONATS JULI 2008
Ein Modell der „Wellblechlegende“
Ein ganz eigenes Propellerdröhnen erlebte der Flugplatz Leer-Papenburg am Freitag,
den 2. Mai um ca. 12:50 Uhr. Es schwebte die dreimotorige Junkers Ju 52 mit dem Kennzeichen D-AQUI zur Landung ein. Die Traditionsmaschine der Lufthansa – mit dem Piloten Georg Kohne am Steuerhorn – hatte ein besonderes Präsent für die aktuelle Ausstellung „Von Zeppelin bis Airbus“ an Bord: sozusagen „ein Modell von sich selbst“, das Museumsdirektor Dr. Friedrich Scheele an der Kabinentür der „Wellblechlegende“ in Empfang nehmen konnte.
Kennzeichen: D-CDLH
Kennzeichen historisch: D-AQUI
Baujahr: 1936
Besatzung: 4
Passagiere: 16
Triebwerk: 3 Neunzylinder-Sternmotoren
Pratt & Whitney, PW 1340 S 1 H1G Wasp
Baumuster: Junkers Ju 52/3m
Startgeschwindigkeit: 120 km/h
Reisgeschwindigkeit: 190 km/h
Höchstgeschwindigkeit: 250 km/h
maximale Reichweite: ca. 825 km
maximale Flugdauer: 4 Stunden 20 Minuten
Länge: 18,90 m
Höhe: 6,10 m
Spannweite: 29,95 m
Startrollstrecke: ca. 500 m
Landerollstrecke: ca. 350 m
Tankvolumen: 1.830 Liter
Die historische Flotte der Deutschen Lufthansa Berlin-Stiftung hat größtenteils eine bewegte Geschichte hinter sich. Herzstück ist die Ju 52. Sie repräsentiert die bedeutende Epoche, in der sich das Fliegen vom Abenteuer wagemutiger Pioniere zu einem sicheren Verkehrsmittel entwickelte. Bereits 1915 erprobte Hugo Junkers mit der Junkers J 1 das erste Ganzmetallflugzeug der Welt. Im Jahr 1919 war dann mit der Junkers F 13 das erste Flugzeug in dieser neuen Konstruktionsweise startklar. Mit der Ju 52 stieg Junkers über Jahre hinweg zum erfolgreichsten Verkehrsflugzeugproduzenten der Welt auf. Seit 1932 bauten die Junkers-Werke und diverse Lizenznehmer fast 5000 Maschinen, die für 30 Fluggesellschaften in 25 Ländern weltweit zum Einsatz kamen.
Begonnen hat ihr Flugzeugleben mit der Indienststellung in den Junkers-Werken in Dessau am 10. April 1936. Vor 72 Jahren war die Junkers-Werknummer 5489 mit Schwimmern ausgestattet, hieß „Fritz Simon“ und sollte für die alte Lufthansa auf den Flugrouten über die Ostsee nach Skandinavien verkehren. Der Merkname „Fritz Simon“ erinnerte an einen Flugzeugführer der Lufthansa, dessen Schicksal die Menschen damals erschütterte. Am 21. Juli 1904 in Wittenberg geboren gehörte Fritz Simon zu den ersten Katapultfliegern der Lufthansa, die mit dem einmotorigen Postflugzeug D-1717 vom Lloyd Schnelldampfer BREMEN katapultiert, eilige Post nach New York oder Southampton vorausflogen, um die Postlaufzeiten zu verkürzen. Zusammen mit seinem Funkermaschinist Rudolf Wagenknecht verunglückte Simon in der Cobequid Bay auf der kanadischen Insel Neuschottland. Dort endete ihr geplanter Postvorausflug von über 2000 Kilometern am 6. Oktober 1931 tragisch. In der Dunkelheit verwechselte Simon bei einer Notwasserung die Wattlandschaft mit der Wasseroberfläche. Der Aufprall schleuderte beide Männer aus der offenen Maschine in den Schlick. Mit der auflaufenden Flut sind sie jämmerlich ertrunken.
Bereits wenige Monate nach der Indienststellung 1936 trennte sich die Lufthansa von der
D-AQUI und verkaufte sie nach Norwegen. Es begann damit der lange Weg eines legendären Flugzeuges. Nach Norwegen und der Zwischenstation während des Zweiten Weltkrieges bei der Lufthansa landete unsere Ju 52 im Jahr 1956 im südamerikanischen Ecuador, wo sie Passagiere und Fracht über den Urwald kutschierte und seit 1963 am Rande des Flughafens von Quito vor sich hin rostete. Von Flugzeugenthusiasten aus den USA entdeckt und wieder flugfertig gemacht, war die „Tante Ju“ dann als „Iron Annie“ auf Flugschauen quer durch die USA zu bewundern, bevor die Lufthansa sie 1984 erwarb und mit großem Aufwand restaurierte.
Sie war als Highlight für die Feierlichkeiten zum 30jährigen Bestehen der Airline vorgesehen. Daraus wurde nichts, denn die Wiederherstellung für den Flugbetrieb mit Passagieren dauerte gut zwei Jahre. Im Frühjahr 1986 gab es endlich den Segen des Luftfahrtbundesamtes und dann warteten 14 neugierige Passagiere und vier Besatzungsmitglieder während der ILA in Hannover auf ihren Erstflug mit einer Ju 52.
Das Modell der „Alten Tante Ju“ D-AQUI ist nun im Ostfriesischen Landesmuseum Emden zu bestaunen.
Dr. Friedrich Scheele