KUNSTWERK DES MONATS AUGUST 2000 (1)

Silberne Riechdosen „Rukeldoeske“ aus Ostfriesland und den Niederlanden

18. und 19. Jahrhundert

Die Silberkammer des Ostfriesischen Landesmuseums beherbergt eine ebenso kleine wie außergewöhnliche Sammlung von Riechdöschen aus Silber. Aus England und den Niederlanden kam das „Rukeldoeske“ im 18. Jahrhundert nach Ostfriesland.
Die kleinen, oft mit Gravuren oder Filigran verzierten Dosen enthalten ein Schwämmchen, das mit aromatischen Substanzen durchtränkt ist. Das Riechdöschen wurde ein typisches Frauenutensil des Biedermeier. Man schenkte es zur Verlobung oder Hochzeit. Aus diesem Grunde gab es eine Fülle unterschiedlichster Ausführungen. Sie spiegeln auf ihre Art den Geschmack der Zeit. Die kleinen Behältnisse konnten die Gestalt einer Kommode, einer Urne, Vase Hutschachtel, eines Herzens oder Buches haben. In Holland und Ostfriesland verbreitete sich auch die Ei-Form als Symbol der Fruchtbarkeit.
Die hier gezeigten Stücke aus der Sammlung des Landesmuseums geben einen kleinen Überblick über den Reichtum an Formen. Sie stammen aus dem 18. Jahrhundert und wurden in Ostfriesland gearbeitet. Eine Ausnahme bildet die Miniaturkommode im Stile Louis XVI die von dem Amsterdamer Goldschmied Cornelis van Hoek stammt. Seine Werkstatt war auf die Herstellung von Dosenartikeln aller Art spezialisiert. In der Regel tragen die Riechdöschen auf der Unterseite das Meisterzeichen. Nicht selten ließen die Besitzerinnen ihre Initialen eingravieren.
Die im ostfriesischen und niederländischen Raum verbreitete Form des Eies erinnert deutlich an den Vorgänger des Riechdöschens: den Bisamapfel, eine Art Riechkapsel aus der Zeit des Mittelalters. Er war ein kunstvoll verzierter vielfach durchbrochener Behälter in Apfelform. In mehreren Fächern enthielt er Schwämmchen mit verschiedenen Duftstoffen, darunter vor allem Moschusöl. Der Bisamapfel wurde an einer Kette um den Hals getragen oder am Gürtel befestigt und sollte seinen Besitzer vor Pest schützen. Als Ursprungsland der Riechkapsel wird Arabien vermutet. Von dort kam sie im Spätmittelalter nach Europa. Riechdosen und
-fläschchen lösten ihn ab und erfreuten sich nicht nur großer Beliebtheit, sondern entwickelten sich zum Luxusartikel. Der Herzog von Berry besaß eine ganze Sammlung von Riechdosen aus Silber. Sie waren mit kostbaren Edelsteinen oder Email-Einlagen verziert und in ihrem Inneren mitunter durch Feuervergoldung veredelt.

Martina Mührmann M. A.