Funken-Zündung

Pistolen aus dem 17. Jahrhundert – Die niederländischen Radschloss-Pistolen der Emder Rüstkammer

06. September 2005 – 05. März 2006 Sonderausstellungsbereich

06. September 2005 – 05. März 2006

Die Geschichte der Restaurierung der Emder Radschlosspistolen in den Niederlanden seit dem Frühjahr 2002 ist zugleich die Geschichte einer besonderen Kooperation: zwischen dem international renommierten Waffenexperten Henk Visser, dem Restaurator Herman Prummel und dem Ostfriesischen Landesmuseum.
Die beiden Holländer verbindet eine seit Jahren bestehende Zusammenarbeit, deren vorläufiger Höhepunkt die Restaurierung der 120 holländischen Radschlosspistolen des Moskauer Kremls und ihre glanzvolle Ausstellung in Amsterdam und London war.
Vissers Ehrgeiz, die holländischen Waffen europäischer Museen wieder in den ursprünglichen Zustand zu versetzen, führte ihn auch nach Emden. Hier waren 42 Radschlosspistolen im Magazin eingelagert. Schnell wuchs die Gewissheit, dass sie zu den ältesten erhaltenen ihrer Art gehören. Sensibel und fachkundig, nach ausgiebigen Recherchen, nach alten Vorlagen und mit vergessenen Handwerksmethoden restaurierte Prummel mit eigens angefertigten Werkzeugen die eleganten Pistolen und ließ so ein Zeugnis der holländischen Waffenkunst des 16. und 17. Jahrhunderts wieder entstehen.
So sind diese Radschlosspistolen niederländischer Herkunft eine besondere Kostbarkeit der Emder Rüstkammer, einer der größten Bestände in einem Museum überhaupt. Mit ihrem neuartigen Zündmechanismus bedeuteten diese Waffen einen erheblichen Fortschritt in der Waffentechnik, ermöglichte dieser doch im Unterschied zur Luntenzündung ein rascheres Feuern.
Im 17. und 18. Jahrhundert waren die Niederländer in der Herstellung dieser Waffen führend. Sie verstanden es, leichte und elegante Stücke anzufertigen. Adlige, vor allem aus Nordeuropa, Deutschland, den Niederlanden und Russland, kauften diese Waffen, denn sie galten als Statussymbole und wertvolle Geschenke. Begehrt waren vor allem die Radschlosswaffen, deren Vorteile hauptsächlich bei der Jagd und in der Reiterei zum tragen kamen.
Für die Kavallerie bedeuteten sie eine Erweiterung ihrer taktischen Möglichkeiten. Mobilität, Schnelligkeit und Durchschlagskraft der Reiter wurden gestärkt und neue Manöver entwickelt. Ein Beispiel ist die Caracolla, bei der die Kavallerie zunächst in mehreren Reihen hintereinander die gegnerischen Linien mit Pistolen angriff. Danach erst attackierte sie, nun in geschlossener Formation mit Degen und Säbel, die bereits gelichteten gegnerischen Reihen. So konnten die Nachteile gegenüber den kompakt in Karrees formierten Pikenieren (den mit Spießen bewaffneten Fußtruppen) ausgeglichen werden. Der Gebrauch dieser Waffen wird auf vielen zeitgenössischen Schlachtengemälden anschaulich dargestellt.